Erl Passions- und Festspielhaus
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Chronik

Kuhn erkennt Gutachten nicht an

In der Causa Erl ist die Gleichbehandlungskommission im Kanzleramt zu einer Entscheidung gekommen. Es wurde festgestellt, dass eine sexuelle Belästigung durch Gustav Kuhn stattgefunden habe. Die Beurteilung ziehe aber keine rechtlichen Konsequenzen nach sich.

Im vergangenen Sommer hatten die Festspiele die Gleichbehandlungskommission eingeschaltet. Jene Künstlerinnen, die Kuhn in einem offenen Brief sexuelle Belästigung vorgeworfen hatten, bekräftigten vor dem Gremium ihre Anschuldigungen. Erl-Geschäftsführerin Natascha Müllauer will laut „Kronen Zeitung“ nun eine Unternehmenskultur schaffen, mit der „Belästigungen und Machtmissbrauch jeglicher Art“ vermieden werden können. Da es sich nur um eine gutachterliche Feststellung handle, ziehe die Beurteilung aber keine rechtlichen Konsequenzen nach sich.

Kuhn-Anwalt: „Keine rechtliche Relevanz“

Für den Anwalt von Kuhn, Michael Krüger, hat das Gutachten keinerlei rechtliche Relevanz. Es sei in keiner Weise belegt, nach wie vor gelte voll inhaltlich die Unschuldsvermutung, betonte Krüger. Kein Gericht habe festgestellt, dass Kuhn eine Schuld treffe. Der langjährige künstlerische Leiter hatte die Vorwürfe stets dementiert, seine Funktionen aber zurückgelegt. Laut der Geschäftsführerin der Festspiele Erl, Natascha Müllauer, sei es ausgeschlossen, dass Kuhn als Dirigent wieder nach Erl zurückkehre.

Gutachten Erl Kuhn
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Das Gutachten der Gleichbehandlungskommission liegt seit Mittwoch vor.

Die betroffenen Frauen fühlen sich durch das Gutachten der Gleichbehandlungskommission bestätigt und rehabilitiert.

Forderungen als Reaktion der Parteien

Das Ergebnis der Prüfung der Gleichbehandlungskommission rief sogleich die Tiroler Opposition auf den Plan. Nationalratsabgeordnete Selma Yildirim (SPÖ) forderte in einer Aussendung eine „unabhängige Opferschutzkommission mit einem Klagerecht vor Gericht“. Die Causa Erl sowie die Vorfälle in der Ballettschule der Staatsoper würden zeigen, dass der Kulturbereich besonders anfällig für Machtmissbrauch und sexuelle Gewalt sei.

Der Kultursprecher der Tiroler Grünen, Georg Kaltschmid, zeigte sich betroffen. „Es ist eine Schande, was Kuhn in Erl über Jahre aufgeführt hat und dass es so lange gedauert hat, bis alles ans Tageslicht gekommen ist. Die Betroffenen sind einmal durch die Hölle gegangen. Zuerst wurden sie belästigt, und dann wurde auch noch versucht ihre öffentlichen Aussagen anzuzweifeln und ihren Ruf zu ruinieren. Wir müssen alles daran setzen, dass sich sowas nicht wiederholt“, so Kaltschmid.

Kuhn Festspielhaus Orchester
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Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abgeschlossen

In dem Bericht habe der zuständige Senat unter anderem goutiert, dass die Festspiele Kuhn von den Dirigaten und der Geschäftsführung entbunden haben. Seit Anfang Mai sind auch die Ermittlungen der Innsbrucker Staatsanwaltschaft abgeschlossen, sagte ein Sprecher der APA am Mittwoch. Da der Fall von besonderem öffentlichen Interesse sei, wurde dem Justizministerium berichtet. Bisher habe man noch keine Rückmeldung erhalten. Wie lange das noch dauert, könne man nicht sagen.

Die Causa Erl war im Februar 2018 ins Rollen gekommen. Der Tiroler Blogger Markus Wilhelm veröffentlichte damals Vorwürfe der sexuellen Belästigung und des Machtmissbrauchs gegen Kuhn. In einem offenen Brief warfen fünf Künstlerinnen dem Dirigenten schließlich namentlich „anhaltenden Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe“ während ihrer früheren Engagements vor.

Kuhn bestritt die Vorwürfe, stellte im Sommer 2018 aber seine langjährige Funktion als künstlerischer Leiter der Tiroler Festspiele Erl bis zur vollständigen Klärung der Vorwürfe ruhend. Im Oktober legte er dann alle seine Funktionen zurück.