LKWs und PKWs auf der Autobahn
dpa/Marijan Murat
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Politik

Transit: Scheuer wirft Platter „Foul“ vor

Nach dem Expertentreffen am Montag in Brüssel zum Verkehr auf dem Brenner streiten Deutschland und Tirol über die Interpretation der Ergebnisse. Der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) dementiert, dass es einen Schritt zur Korridormaut gibt.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und seine Stellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) hatten nach dem Expertentreffen am Montag in einer Aussendung geschrieben: „Ein erster Schritt ist die Installierung einer grenzüberschreitenden Arbeitsgruppe zur Korridormaut. Darauf werden auch die anderen Treffen aufbauen.“

Scheuer teilte mit, dass er das enttäuschend unter Nachbarn finde. Deutschland bezweifle zudem die Wirkung einer Korridormaut auf den Verkehr. Sinnvoller sei dagegen zum Beispiel, die Spritpreise auf österreichischer Seite zu erhöhen. Außerdem müsse über innovative Lösungen wie eine Elektrifizierung der Straße für den gesamten Brenner-Korridor nachgedacht werden, ebenso über weitere Maßnahmen zur Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene. Außerdem bekräftigte Scheuers Ministerium, dass Deutschland eine Klage gegen Österreich vorbereite.

Tirol fordert höhere Maut für Lastwagen

Tirol forderte Deutschland und Italien dazu auf, ihre Maut für Lastwagen zu erhöhen. So soll die Strecke über den Brenner von Berlin bzw. München nach Verona und umgekehrt für Spediteure teurer gemacht werden. Viele würden einen Umweg von über 100 Kilometer in Kauf nehmen, um über den Brenner die Alpen zu überqueren. Laut Land Tirol sind 2018 rund 2,4 Millionen Lastwagen über den Brenner gefahren. Das seien mehr Lkws, als über alle Alpen-Pässe der Schweiz und Frankreich zusammen gefahren sind.

EU-Arbeitsgruppen zu Verkehrsthemen

In den drei Arbeitsgruppen gehe es darum, mögliche neue Maßnahmen zu prüfen, die dazu beitragen könnten, die Umweltauswirkungen auf dem Brenner zu reduzieren, so der EU-Kommissionssprecher. Dem Vernehmen nach sollen sich die drei Arbeitsgruppen folgenden Themenbereichen widmen: Sie sollen insbesondere die Koordination bei Mautfragen, bessere alternative Bahnangebote zur Verlagerung des Lkw-Verkehrs weg von der Straße und alternative Treibstoffe und entsprechende Tankstellen untersuchen.

Am Montag waren Vertreter Österreichs, Italiens, Deutschlands sowie Tirols, Südtirols, des Trentino und Bayerns auf Einladung der EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc zu informellen ersten Gesprächen in Brüssel zusammengekommen – mehr dazu in Verkehrskonflikt: Ziel ist Korridormaut.

Klagen von Deutschland und Italien vorbeugen

Die EU-Kommission will damit drohenden Klagen Deutschlands und Italiens gegen die Tiroler Fahrverbote bzw. gegen die Lkw-Blockabfertigung vorbeugen. Die EU-Behörde will einseitige Maßnahmen verhindern und fordert stattdessen eine Lösung im guten nachbarschaftlichen Sinne. Tirol fordert seit Langem eine grenzüberschreitende Korridormaut zur Eindämmung des Lkw-Transitverkehrs.

Lkws auf der Europabrücke
ORF

Deutsche Industrie warnt vor Eskalation des Streits

Die deutsche Industrie warnt vor einer weiteren Eskalation des Streits über den Lkw-Transitverkehr auf der Brenner-Route. Die Route über den Alpen-Pass zwischen Österreich und Italien sei für die gesamte europäische Wertschöpfung essenziell, betonte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Nach einem Expertentreffen in Brüssel soll nun die Suche nach langfristigen Lösungen vorangetrieben werden – unter anderem mit Arbeitsgruppen zur Korridormaut und zur Verlagerung von mehr Verkehr auf die Schiene.

Durch eine weitere Beeinträchtigung des Lkw-Transitverkehrs könnte die „gesamte europäische Wirtschaft“ Schaden nehmen, warnte der stellvertretende BDI-Hauptgeschäftsführer Holger Lösch am Dienstag im Bayerischen Rundfunk. Die Brenner-Route sei für viele Transporte und Güter „weitgehend alternativlos“.