wenige Tage altes Rehkitz im Gras
Jägerverband
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Chronik

Mäher bedrohen neugeborene Rehkitze

Es ist ein hundertfach tödliches Zusammentreffen – jenes von den Mäharbeiten der Bauern und die ersten Lebenstage der Rehkitze. In Tirol werden jährlich zwischen 600 und 800 Rehkitze durch Mähmaschinen getötet, so die Auskunft des Tiroler Jägerverbandes. Österreichweit sind es an die 25.000.

Rehgeiße legen ihre frisch „gesetzten“, das heißt frisch geborenen Kitze meist im hohen Gras ab. Bei Gefahr ducken sie sich noch tiefer ins Gras und laufen nicht davon. Auch dann nicht, wenn ein Bauer lautstark mit der Mähmaschine anrollt. Der Bauer hat keine Chance, das Kitz zu bemerken und damit ist das Schicksal des kleinen Kitzes meist besiegelt.

Oft ist der Mähtod des Rehkitzes schnell, in vielen Fällen werden den Kitzen aber die Beine abgemäht und sie müssen bis zur Erlösung leiden. Jämmerlich schreiende Rehkitze sind also keine Seltenheit.

Drohne und Traktor auf Feld
TJV
Drohnen mit Wärmebildkameras können Rehkitze im hohen Gras ausfindig machen

Drohnen spüren junge Rehe mit Wärmebildern auf

Seit mehreren Jahren versuchen Jäger und Bauern dem Mähtod entgegen zu wirken – heuer erstmals in Tirol in etwas größerem Umfang mit einer Drohne, die mit einer Wärmebildkamera ausgestattet ist und so Kitze in Feldern aufspüren kann. In ausgewählten Gebiete in allen Teilen Tirols werden derzeit Flüge unternommen.

Bereits in den ganz frühen Morgenstunden, ab circa 5.00 Uhr Früh solange die Temperaturen niedrig sind und damit die Wärmebildkamera gute Erfolge erzielen kann, fliegen drei authorisierte Mitarbeiter des Tiroler Jägerverbandes über die Felder. Ab nächstem Jahr soll das Aufspüren mit dieser in Nachbarländern bereits erprobten Technik flächendeckend angeboten werden, so das Ziel des Jägerverbandes.

Monitor mit Aufnahmen einer Drohne
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Drohnen liefern Infrarotaufnahmen

Darüber hinaus gibt es weitere Möglichkeiten, die Rehkitze vor dem Mähtod zu schützen. Diese basieren darauf, dass die Rehgeiß ihr Kitz nicht im Feld ablegt. Zum Beispiel können am Vortag des Mähens im Feld Tücher oder blinkende Baustellenlampen aufgehängt werden. Weiters haben die Hegemeister so genannte „Rehkitz-Schreckgeräte“, die für das Wild unangenehme Geräusche erzeugen.

Bei allen Maßnahmen sei es wichtig, dass sich Jäger und Bauern absprechen. Die Jäger sind gefordert, die Zeit und die Anstrengungen aufzubringen, um die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen oder die Bauern dabei unterstützen. Auf der anderen Seite müssen die Bauern auch der Jägerschaft rechtzeitig bekannt geben, wann sie ihre Wiesen mähen.

Nie Kitze berühren oder aus dem Gras heben

Rehkitze, die im Gras, oft auch in unmittelbarer Nähe von Siedlungen sind, sind vielfach das Ziel falsch verstandener Tierliebe, so Martina Just, Wildbiologin beim Tiroler Jägerverband. Solche Kitze werden in einigen Fällen sogar mit nach Hause genommen. Oft werden die Kitze auch angefasst. Damit besteht die Gefahr, dass die Geißen ihre Kitze durch den menschlichen Geruch nicht mehr annehmen und die Kitze verhungern.

wenige Tage altes Rehkitz im Gras
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Wer ein Reh entdeckt, soll es nicht berühren

Auch Hunde können Kitz-Schicksal besiegeln

Da Rehgeißen ihre Kitze auch in nächster Nähe von Wanderwegen ablegen, droht den Kleinen eine besondere Gefahr durch nicht angeleinte Hunde, die das hilflose Kitz töten. Auch wenn ein Hund ein Kitz nicht tötet, sondern vielleicht nur beschnuppert oder abschleckt, kann damit die Geiß ihr Kitz wiederum verstoßen.

Wenig scheue Rehgeißen, die Menschen jetzt oft bis auf wenige Meter heranlassen, sind ein Indiz dafür, dass in nächster Nähe ein Kitz im Gras oder im Wald ist. Wichtig wäre, die Geiß am besten zu ignorieren und weiter zu gehen, empfiehlt Wildbiologin Martina Just.

Natürliches Verhalten nicht stören

Derzeit gibt es im Tiroler Jägerverband täglich Anrufe von besorgten Menschen, die von Rehkitzen und wenig scheuen Rehen berichten und um Rat fragen. Die Beobachtungen der allermeisten betreffen das ganz normale Verhalten von Rehgeißen und den abgelegten Kitzen. „Nicht anfassen!“ ist in der Regel der wichtigste Apell an die Anrufer. Auch auf die beliebten Selfies mit den Rehkitzen sollte tunlichst verzichtet werden, appelliert Wildbiologin Martina Just.