Rollstuhl
ORF
ORF
Politik

GR-Wahl: Kandidaten kämpfen für Inklusion

Eine Erhebung in Tirol ergab, dass nur in einer von zehn Gemeinden Menschen mit Behinderung im Gemeinderat vertreten sind. In manchen Orten kandidieren daher Menschen mit Behinderung selbst. Schließlich kennen sie sich mit Barrieren am besten aus.

In ganz Imst gibt es kein Lokal, das Laura Moser ohne Hilfe betreten kann, ganz zu schweigen von einer barrierefreien Toilette. Deshalb trifft sich die Liste „Fokus Imst“ in der Küche der 20-Jährigen, um dort die Wahlgeschenke samt Parteiprogamm in Brailleschrift zusammenzustellen.

Teilhabe und Mitgestaltung

Laura Moser will, wie sie sagt, „nicht jammern, sondern mitgestalten“. Sie kandidiert daher auf Platz drei der unabhängigen Liste „Fokus Imst“, die von einem Sozialdemokraten angeführt wird: „Ich habe lange überlegt, aber ich sehe es als große Chance, mitzugestalten und meine Anliegen umzusetzen“, erklärte sie.

Laura Moser sitzt im Rollstuhl
ORF
Laura Moser will, dass Imst barrierefreier wird

Sendungshinweis

Tirol heute, 20.2.22
19.00 Uhr, ORF2

Inklusionsausschuss als Wahlziel

Barrierefreiheit ist nicht das einzige Thema der Liste, aber hier ist Laura Moser Expertin. Die Landesbedienstete fährt Rollstuhl. Sie will, wie sie schildert, in Imst mehr verändern, als nur die Gehsteigkanten abzuflachen. Mit Hausbesuchen wollen sie und ihre Liste in Imst Wählerinnen und Wähler gewinnen.

Als erstes würde die Liste in Imst einen Inklusionsausschuss mit Expertinnen und Experten gründen, wie Moser schilderte: „Darin wären dann viele verschiedene Leute mit verschiedenen Behinderungen, die dann auch wissen, was benötigt wird“, erklärte die 20-Jährige.

Sebastian Fehr aus Thaur
ORF
Sebastian Fehr setzt sich in Thaur für hörbehinderte Menschen ein

Mehrere Sinne ansprechen

Dass barrierefrei nicht nur rollstuhlgerecht bedeutet, findet auch Sebastian Fehr in Thaur. Er ist gehörlos und hat keinen Gleichgewichtssinn. Mit einem Cochlea-Implantat hat er sich einen Alltag erarbeitet. Fehr kandidiert in seiner Heimatgemeinde auf Platz fünf der Liste „Grüne und Unabhängige“.

Die Politik ignoriere derzeit, dass Beeinträchtigungen alle Sinne betreffen, kritisierte er und plädierte für das Zwei-Sinnes-Prinzip. Demnach sollte etwa Feueralarm nicht nur durch einen Ton, sondern auch durch ein Lichtsignal ausgedrückt werden.

Mehr barrierefreie Wohnungen

Im Gemeinderat würde sich Sebastian Fehr für ein Verschärfung von Landesgesetzen engagieren: „Es geht vor allem darum, dass in Neubauprojekten mehrere barrierefreie Wohnungen entstehen. Wenn so ein Projekt ausgeschrieben wird, sollte bereits ab fünf und nicht – wie jetzt – erst ab sieben Wohnungen eine barrierefreie Wohnung gebaut werden müssen.“

Barrierefreiheit sei ja auch altersfreundlich, weil wir alle im Alter schlechter sehen, weniger mobil sind und schlechter hören, argumentierte Fehr. Mit ihm und Laura Moser werfen sich heuer zwei Spezialisten gegen Barrieren in die Tiroler Gemeindepolitik.