Hütten müssen Saisonstart verschieben

Viele Schutzhütten in den Bergen müssen den Beginn der Sommersaison um mehrere Wochen verschieben. Laut dem Österreichischen Alpenverein (ÖAV) sind viele Hütten, die jetzt öffnen sollten, noch gar nicht erreichbar.

Die enormen Schneemengen, die bis weit ins Frühjahr hinein im Gebirge zusammengekommen sind, stellen für den Österreichischen Alpenverein eine enorme Herausforderung dar. Dutzende Hütten in den mittleren und oberen Lagen, die an und für sich Ende Mai bzw. Anfang Juni den Sommerbetrieb aufnehmen sollten, sind noch gar nicht erreichbar.

Große Schneemassen oberhalb von 2.000 Meter

„Die Hüttensaison wird sich jedenfalls um ein paar Wochen verzögern“, meinte Peter Kapelari, Leiter der Abteilung Hütten, Wege und Kartographie im Alpenverein, im Gespräch mit der APA. In vielen Regionen Österreichs halten sich oberhalb von 1.500 Metern noch Schneefelder, über 2.000 Meter liegen laut Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) aktuell 50 bis 100 Zentimeter mehr Schnee als in dieser Jahreszeit üblich.

Franz Senn Hütte

Franz Senn Hütte

Noch viel Schnee bei der Franz Senn Hütte, sie soll aber pünktlich am 14. Juni öffnen

Einige Hütten stark beschädigt

Der schneereiche Winter und der kontinuierliche Nachschub an Nassschnee haben beträchtliche Schäden an der Infrastruktur hinterlassen. Etliche Hütten wurden beschädigt, die auf 2.385 Meter gelegene Totalphütte oberhalb des Lünsersees in Vorarlberg wurde von einer Staublawine fast komplett zerstört und muss neu aufgebaut werden - mehr dazu in 2,5 Mio. Euro für Wiederaufbau der Totalphütte.

Totalphütte zerstört

ORF

Die zerstörte Totalphütte in Vorarlberg

Von Lawinen schwer in Mitleidenschaft gezogen wurden auch die Bonn-Matreier-Hütte und die Neue Prager Hütte in der Venedigergruppe in Osttirol, berichtete Kapelari. Etliche Hütten - der Alpenverein betreibt insgesamt 230 - konnten noch nicht „ausgewintert“, Lebensmittel für die bevorstehenden Wander-Monate noch nicht eingelagert werden.

Wege müssen repariert werden

In einigen Regionen hat der viele Schnee den Wegen stark zugesetzt. Streckenweise sei ihr Zustand „katastrophal“, sagte Kapelari: „Die Frühjahrsreparaturen werden bis in den Herbst nicht abgeschlossen sein.“ Bei der Wiederherstellung der Wege gehe man nach dem Prioritätsprinzip vor. Die Sanierung von Brücken und gefährlichen Passagen habe Vorrang: „Wo Gefahr im Verzug herrscht, muss gleich etwas gemacht werden. Wo es um bloße ‚kosmetische‘ Verbesserungen geht, wird man eher zuwarten.“

Wegeerhaltung Alpenverein

ORF

Freiwillige bei der Arbeit am alpinen Wegenetz

Finanziert werden die Sanierungsmaßnahmen mit Mitteln aus dem Katastrophenfonds des Alpenvereins, der sich aus Mitgliedsbeiträgen und der langjährigen Unterstützung des Unternehmens „Handl Tyrol“ speist. Die Wiederherstellung der Wege wird nach Einschätzung von Kapelari mehrere 100.000 Euro kosten.

Zerstörte Brücke

ÖAV/Peter Kapelari

Die Brücke hat der Schneelast nicht standgehalten

Erfreut zeigt man sich beim Alpenverein, dass vor allem in Osttirol und Kärnten, insbesondere im Lesachtal bereits Freiwilligen-Trupps unterwegs sind, um ramponierte Wege wieder in Ordnung zu bringen. Wo professionelle Kräfte und technisches Gerät nötig sind, hofft man beim Alpenverein auf zusätzliche finanzielle Unterstützung seitens der betroffenen Bundesländer und des Tourismus.

ÖAV will nicht mehr Bittsteller beim Bund sein

Der ÖAV fordert eine dauerhafte gesetzliche Verankerung der Bundesförderung zum Erhalt der Hütten und Wege. „Es ist traurig, dass die alpinen Vereine nach wie vor Bittsteller sind und immer wieder aufs Neue der Politik nachlaufen müssen, um Förderungen zu bekommen, die der Allgemeinheit dienen“, sagte ÖAV-Präsident Andreas Ermacora im Gespräch mit der APA.

Zerstörter Wegweiser

ÖAV/Peter Kapelari

Vom Winter ramponierter Wegweiser in der Nordkette

3,6 Millionen Euro an Bundessubventionen pro Jahr für alle alpinen Vereine seien im Jahr 2013 paktiert worden - für einen Zeitraum von fünf Jahren. Im Jahr 2017 schließlich wurden 2,6 Millionen pro Jahr plus eine Sonderförderung für hochalpine Hütten ausverhandelt. Diese Vereinbarung läuft im Jahr 2021 aus, so Ermacora.

„Es braucht endlich eine gesetzliche Regelung, in der ein fixer jährlicher Betrag auf Dauer valorisiert, wertgesichert, fixiert wird“, plädierte der Alpenvereins-Präsident für eine dauerhafte Lösung. Weniger als 3,6 Millionen Euro pro Jahr dürfte es auch dann auf keinen Fall sein, denn sonst wäre die Erhaltung der vielen Hütten und Wege - und damit die alpine Infrastruktur - in Gefahr. „Das wanderbare Österreich würde ohne die alpinen Vereine, die sich um das Wegenetz kümmern, nur mehr im Tal stattfinden“, betonte Ermacora. Auch der Tourismus würde nachhaltigen Schaden erleiden.

Ehrenamtliche betreuen 26.000 Kilometer Wege

26.000 Kilometer an alpinen Bergwegen erhalte der Alpenverein in Österreich für die Allgemeinheit - durch ehrenamtliche Helfer und Funktionäre. Wege und Hütten bedingen einander, breche das eine weg, sei auch das andere betroffen. „Ein Drittel unseres jährlichen Budgets von rund 42 Millionen Euro wenden wir für die Erhaltung der alpinen Infrastruktur auf“, verdeutlichte Ermacora zudem.