Tourismusbetriebe suchen dringend Mitarbeiter

Den Skigebieten geht das Personal aus. Mit diesem Hilferuf wandte sich vor Kurzem die Wirtschaftskammer an die Öffentlichkeit. Man brauche vor dem Start der Wintersaison dringend Personal in allen Tourismusbereichen.

Schlägt man die Zeitung auf und wirft einen Blick auf den Stellenmarkt, wird schnell klar, dass längst nicht alle Skigebiete bzw. Hotels genug Personal für die jetzt beginnende Wintersaison gefunden haben. Ob es nun Küchenhilfen, Köche, Kellner, Abräumer, Kassierer an der Liftkassa oder Skilehrer sind, gesucht werden Arbeitskräfte in beinahe allen Bereichen.

Tourismusbranche wächst seit Jahren stark

Es sei jedoch nicht so, dass den Betrieben die Fachkräfte davonlaufen würden, betonte die Obfrau der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Petra Nocker-Schwarzenbacher. Vielmehr wachse die Branche, jeden Monat seien 5.000 Beschäftigte hinzugekommen.

Annoncen in Tageszeitungen

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Österreichweit waren im Oktober laut Arbeitsmarktservice (AMS) 9.000 Stellen in der Gastronomie und in der Hotellerie offen. Beim AMS in Tirol sind für die kommende Wintersaison allein in der Gastronomie 3.050 offene Stellen gemeldet, davon 1.047 für Kellner und 708 für Köche. Zugleich gibt es 429 Kellner und 158 Köche, die beim AMS als arbeitslos gemeldet sind, aber noch keine fixe Stellenzusage haben. Damit können die offenen Stellen nur zum Teil besetzt werden, erklärte AMS-Landesgeschäftsführer Anton Kern gegenüber dem ORF Tirol.

Dieses Problem sei nicht neu, so Kern, das habe es auch in den Jahren zuvor schon gegeben. Allerdings sei es größer geworden, da in den vergangenen Jahren auch das touristische Angebot in Tirol weiter zugenommen habe.

Zu wenige Mitarbeiter in Skiverleihstationen

Fehlen würden außerdem Mitarbeiter etwa in den Skiverleihstationen und in den Wellnessbereichen der Hotels. „Wir haben auch Reiseleiter, die die gewünschten Sprachen nicht sprechen, und andererseits Leute, die die Sprachen können, aber als Reiseleiter nicht gut ausgebildet sind“, nannte Nocker-Schwarzenbacher ein weiteres Beispiel.

Skischuh-Verleih

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Kein zusätzlicher Ruhetag wegen Personalmangel

Wegen der Personalknappheit müssten heuer einige Betriebe - etwa Skihütten - in Österreich zusätzliche Ruhetage einführen, so die WKÖ-Spartenobfrau. In Tirol sei ihm jedoch kein so ein Fall bekannt, entgegnete Mario Gerber, bei der Tiroler Wirtschaftskammer zuständig für die Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft.

Mario Gerber

Tanja Cammerlander

Mario Gerber

Der Mangel an Fachkräften beschränke sich nicht nur auf den Tourismus. Das sei derzeit in beinahe allen Berufsgruppen der Fall. Der Tourismus habe jedoch in den letzten Jahren extrem in Qualität und Dienstleistung investiert, dafür würden die Betriebe fleißige und motivierte Mitarbeiter brauchen. Allein in den vergangenen neun Jahren habe es im Tourismus ein Beschäftigungsplus von 41,25 Prozent gegeben, sagte Gerber.

Über das Ammenmärchen 1.200 Euro

Dass die Tourismusbetriebe ihre Mitarbeiter zu schlecht bezahlen würden, will Gerber keinesfalls gelten lassen. „Es gibt immer noch das Ammenmärchen vom Koch, der 1.200 Euro verdient und 54 Stunden arbeiten muss. Das möchte ich vehement zurückweisen, denn dieser Koch würde gar nicht im Betrieb bleiben. Wenn man einen Koch so ausnutzen würde, würde dieser die Arbeitsstelle verlassen, und nachdem Köche ja sehr gesucht sind, ist das einfach ein Ammenmärchen.“

Küche

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Schlecht bezahlte Köche würden sofort das Unternehmen verlassen, meint Gerber von der Wirtschaftskammer

Auch er glaube nicht, dass es an der Bezahlung liege, so AMS-Chef Kern. Es sei nicht ein einziger Punkt dafür verantwortlich, dass die Tourismuswirtschaft Probleme habe, ausreichend Personal zu finden. Man müsse berücksichtigen, dass das touristische Angebot in Tirol stark gewachsen sei und immer noch wachse – quantitativ und qualitativ, also auch in den personalintensiveren Vier- und Fünfsternekategorien.

Pflege

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Anton Kern

Saisonnierkontingent allein zu wenig

Das Saisonnierkontingent für Tirol in diesem Winter liege bei 275 Personen. Dieses Kontingent werde zum größten Teil für jene Mitarbeiter ausgeschöpft, die bereits bei den Tiroler Betrieben beschäftigt waren, so AMS-Chef Kern. Das Saisonnierkontingent sei wichtig, und dass die Tiroler Tourismusbetriebe ausreichend Beschäftigte brauchen würden, sei auch bei der Politik angekommen, so Gerber.

Es sei ein Bestreben der Tourismuswirtschaft, den Beruf des Kochs auf die Mangelberufsliste setzen zu können, diese Chance sei durchaus vorhanden. Sollte die Liste regionalisiert werden, bestehe auch die Chance, dass der Beruf des Kellners auf die Liste gesetzt werde, so Kern. Wenn eine Person aus einem Drittland die Kriterien der Fachkraft im Beruf Koch erfülle - bei einer Punktebewertung würden unter anderem zählen, welche Ausbildung die Person habe und wie viele Jahre er bzw. sie im Beruf tatsächlich gearbeitet habe – dann könne der Interessent über diese Mangelberufsliste den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt erhalten.

AMS bemüht sich um Arbeitskräfte aus Wiener Raum

Es gebe noch Potenzial auf dem EU-Arbeitsmarkt, schätzt Kern. Auch das AMS bemühe sich vor allem aus dem Wiener Raum Arbeitskräfte zu bekommen, hier sei eine leichte Steigerung zu verzeichnen. Im Hilfsbereich versuche man, Asylberechtigte an die Tourismusunternehmen vermitteln zu können. Im AMS Innsbruck gab es in der vergangenen Woche gemeinsam mit Tourismusbetrieben und Asylberechtigten eine Jobbörse. Anfang Dezember folgt eine weitere Jobbörse in Schwaz.

Koch füllt Essen auf Teller

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„Arbeiten muss wieder ‚in‘ sein“

Man müsse sich zudem Gedanken über die Aus- und Weiterbildung machen, sagte Gerber. Hier gelte es die Stellräder zu drehen, so Gerber. Man müsse attraktiver und flexibler werden, damit die Mitarbeiter an der Flexibilität partizipieren können.

Auch die Mobilitätsbereitschaft der Arbeitnehmer müsse angesprochen werden. Arbeiten müsse wieder in sein. Er habe oft das Gefühl, es sei heutzutage mehr „in“, einen halben Tag oder gar nicht zu arbeiten. Hier müsse man viel Aufklärungsarbeit leisten, damit die Mitarbeiter wieder für den Tourismus begeistert werden können, so der Tourismusexperte.