Sorgerechtsstreit: Familie in Südtirol versteckt
Bis vor wenigen Tagen lebte Daniela W. mit ihren vier Buben noch in Niederösterreich. Die Kinder gingen dort zur Schule und in den Kindergarten, hatten Freunde und waren beim Sportverein. Das vermissen sie jetzt, denn die 37-jährige Mutter hat mit ihnen Österreich verlassen und verbirgt sich in einem kleinen Dorf in Südtirol.
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Die Beziehung zum Vater der beiden älteren Buben ging in Brüche. 2015 entschied ein italienisches Gericht in Grosseto in der Toskana die geteilte Obsorge zwischen Vater und Mutter. Zwei Jahre lang, bis Juni diesen Jahres, gingen die Kinder in Italien zur Schule. Doch dann zog Daniela W. wieder zurück nach Österreich. Sie habe in Italien kein Geld und keine Unterkunft mehr gehabt, zuhause in Österreich habe sie Unterstützung von ihrer Familie bekommen, begründet sie den Schritt. Außerdem habe ihr ein italienischer Anwalt gesagt, dass sie Italien verlassen dürfe, es werde keine rechtlichen Folgen geben.
Mutter droht Kindesabnahme
Das Bezirksgericht Korneuburg entscheidet aber, dass sich die Mutter der Kindesentführung schuldig macht, wenn sie die Kinder nicht nach Italien zurückbringt. Um den Auflagen des Gerichts genüge zu tun, ist sie nach Südtirol übersiedelt, der Kindesvater soll aber nicht wissen, wo sie ist. Die Mutter fürchtet, der Vater würde die Kinder zu sich holen, das kündige er in Telefonaten immer wieder an. Nach Österreich zurück traut sich die Frau nicht mehr, dort droht ihr die Kindesabnahme durch einen Gerichtsvollzieher - nach Bestimmungen des Haager Übereinkommens für Kindesentführungen.
„Dieses regelt, dass Kinder nicht ohne Zustimmung des anderen Partners außer Landes gebracht werden dürfen“, erkärt Rechtsanwältin Astrid Wagner. Sie vertritt die Interessen der Mutter und argumentiert, dass die Gefahr einer Traumatisierung der Kinder nicht genügend berücksichtigt worden sei. „Die Beziehung der Kinder zur Mutter ist sehr eng, es wäre eine erhebliche Traumatisierung für die Kinder, wenn sie der Mutter entrissen würden. Und das Kindeswohl steht immer an erster Stelle, auch laut der Kinderrechtskonvention,“ so die Wiener Anwältin. Sie rät Daniela W. daher ein kinderpsychologisches Gutachten einzuholen.
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Tauziehen um die Kinder
Der Vater der Kinder verstehe sich angeblich gut mit seinen Söhnen, telefoniere auch regelmäßig mit ihnen, doch gehe er nicht auf Kompromissangebote der Mutter ein, die in Österreich leben will. „Er möchte die Macht über uns haben“, sagt Daniela W. dazu. „Er will der Bezugspapa sein und sie alle zwei Wochen sehen und gleichzeitig sein Leben wie bisher in Florenz führen. Ich habe ihm angeboten, nach Österreich zu kommen, aber er möchte uns alle in Italien haben.“ Es scheint ein Tauziehen über eine unüberwindbare Distanz zu sein, mit Bedürfnissen auf beiden Seiten - doch in der Mitte stehen die Kinder.