Ärger wegen höherem Preis für Kindergarten

Um bis zu 700 Euro hat sich der jährliche Preis für einen Kindergartenplatz in Thiersee (Bezirk Kufstein) über den Sommer erhöht. Aufgebrachte Eltern fordern ein Umdenken des Bürgermeisters, dieser fordert Hilfe durch das Land.

Die Gemeinde Thiersee im Tiroler Unterland besteht aus mehreren Ortsteilen, die mehrere Kilometer voneinander entfernt liegen. Daher gibt es seit einigen Jahren auch vier Kindergärten in der knapp 3.000 Einwohner zählenden Gemeinde. Rund 80 Kinder werden dort betreut.

Kostensteigerung

Die jährliche Gebühr für Dreijährige steigt durch den Gemeinderatsbeschluss um mehr als 700 Euro.

Preis mehr als verdoppelt

Bisher kostete der Kindergarten in Thiersee für Dreijährige bei einer täglichen Besuchszeit von 7.00 bis 13.00 Uhr 56,40 Euro. Nun beschloss der Gemeinderat am 26. Juli mit 14 zu 1 Stimmen, die Gebühren ab September 2018 zu erhöhen. Nun müssen Eltern für täglich vier Stunden Kindergarten 70 Euro, für fünf Stunden 90 Euro und für sechs Stunden 120 Euro pro Monat bezahlen. Dazu kommen noch zehn Euro als Bastelbeitrag pro Kind und Monat. Damit wurde der Kindergartenbeitrag für Dreijährige mehr als verdoppelt.

20 bzw 30 Euro für zusätzliche Stunden

Für vier- und fünfjährige Kinder gilt gemäß der Vorgabe von Bund und Land weiterhin der Gratiskindergarten für 20 Besuchsstunden pro Woche. Wollen Eltern ihr Kind täglich fünf Stunden im Kindergarten haben, müssen sie dafür 20 Euro zahlen, bei sechs Stunden sind es nochmals 30 Euro mehr. Und auch für diese Kinder wird der Bastelbeitrag in Höhe von zehn Euro pro Monat fällig.

Eltern, die in den Nachbargemeinden wohnen, zahlen für den Besuch ihres Kindes im Kindergarten deutlich weniger - in Schwoich 30 Euro, in Niederndorf 31 Euro oder in Ebbs 40 Euro.

Bürgermeister argumentiert mit Finanzlage

Der Gemeinderat habe sich schon seit Jahren mit den Kosten der Kindergärten beschäftigt, erklärte Hannes Juffinger, der seit 2004 Bürgermeister in Thiersee ist. Während seiner Amtszeit hätten sich die Kosten für die Kindergärten vervierfacht. Es seien zwei neue Gruppen geschaffen worden, außerdem sei der Personalstand erhöht worden. Die Kinderbetreuung koste die Gemeinde derzeit 435.000 Euro pro Jahr, eingenommen würden inklusive der Förderung jährlich nur 170.000 Euro, erläuterte Juffinger.

Das gleiche Problem wie Thiersee gebe es auch in anderen Gemeinden. Auch hier wüssten viele Bürgermeister nicht mehr, wie sie die ständig steigenden Kosten für die Kindergärten tragen sollten. Es gebe Gemeinden, die über genügend Kommunalsteuern verfügen würden und diese Kosten damit querfinanzieren könnten. Das könne Thiersee aber nicht machen, da es in der Gemeinde zu wenige Wirtschaftsbetriebe gebe, so der Bürgermeister.

„Gibt kein Finanzproblem in Gemeinde“

Da die Gemeinde regelmäßig Vereine und etliche Projekte mit vielen tausend Euro unterstütze, könne es in Wahrheit kein Finanzproblem der Gemeinde geben, kritisierte Manfred Bellinger, Initiator einer Protestgruppe. Da die Gemüter auf beiden Seiten – Bürger bzw. Gemeinde – dermaßen erhitzt seien, dass keiner von seinen Standort abweichen wolle, könne es nur Hilfe von außen geben, so Bellinger. Daher hat man sich an das Land Tirol gewendet.

Manfred Bellinger

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Manfred Bellinger glaubt nicht an ein Finanzproblem in Thiersee

"Keine familienfeindliche Politik“

Den Vorwurf, dass seine Politik familienfeindlich sei, lässt er nicht gelten, betonte Bürgermeister Juffinger. Vielmehr sei seine Gemeinde kinder- und familienfreundlich. Das zeige die Tatsache, dass in allen Ortsteilen Kinderbetreuung angeboten werde. Würde man diese zentralisieren, könne man das günstiger anbieten.

Dank eines Sozialkontos, das derzeit gut gefüllt sei, könne sich die Gemeinde jedoch einen Spielraum bei Härtefällen leisten, erklärte Juffinger. Angesichts ständig steigender Kosten und Aufgaben für seine Gemeinde sieht der Bürgermeister aber das Land am Zug.

Unterschriftenliste

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Umdenken durch Unterschriftenliste?

Es gäbe bei den Eltern zwar durchaus Verständnis für eine Erhöhung der Kindergartengebühren, allerdings brauche man im Vorfeld dafür Zeit, und man müsse die Meinungen und Sorgen der Eltern berücksichtigen, erklärte Manfred Bellinger. Dies sei jedoch nicht bzw. zuwenig geschehen, daher entschied er sich mit betroffenen Eltern eine Unterschriftenliste zu starten.

Der Gemeinderat möge dann eine Volksbefragung abhalten und die Bevölkerung fragen, ob die Gemeinde die mit Wirksamkeit Herbst 2018 neu verordneten Kindergartengebühren wieder auf das vorherige Gebührenmodell herabsetzen soll, so lautet der Wunsch der Initiatoren.

Bürgermeister mit Wunsch an Land Tirol

Eine Lösung sehe er darin, dass Gemeinden wie bei Volksschulen die Infrastruktur zur Verfügung stellen und das Land Tirol die Personalkosten der Kinderbetreuung übernehme. Dann gebe es in allen Gemeinden ein einheitliches Tarifmodell und der Vergleich unter den Gemeinden wäre zu Ende, so Juffinger.

Bürgermeister Hannes Juffinger

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Bürgermeister Hannes Juffinger will finanzielle Unterstützung durch das Land

Land lässt Kindergartenbeiträge prüfen

Dass Kindergartengruppen doppelt besetzt werden müssen, sei den Gemeinden seit der Novellierung des Kindergartengesetzes im Jahr 2016 bekannt. Die Übergangsfrist dafür sei Ende September abgelaufen, so Bildungslandesrätin Beate Palfrader (ÖVP). Darüber seien alle Gemeinden mehrfach informiert worden.

Man habe aber den Bürgermeister um eine Stellungnahme gebeten und werde parallel dazu eine Bedarfserhebung in der Gemeinde Thiersee durchführen. Auch die Prüfung der Angemessenheit der Kindergartenbeiträge sei veranlasst worden, so Palfrader.