Tirol ist kein Paradies für Alltagsradler

Während umfangreiche Bauarbeiten Rennfahrern der Rad-WM optimale Verhältnisse garantieren, haben es Alltagsradler schwerer. Obwohl auch für sie jetzt mehr Geld in die Hand genommen wird, haben sie noch mit vielen Hindernissen zu kämpfen.

Hunderte Radfahrer fahren täglich als Geisterfahrer auf der verbotenen Seite über die Innsbrucker Kettenbrücke. Während auf Autobahnen viel getan wird um Geisterfahrten zu verhindern, werden hier Radfahrer richtiggehend in die die Illegalität gelockt.

Schilder Radweg und Einfahrt verboten

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Diese Schilderkombination ist offensichtlich missverständlich

Der vom Innufer kommende Radweg endet abrupt am Vorplatz vor der Talstation der ehemaligen Hungerburgbahn. Die stark befahrene Straße kann hier nicht gequert werden. Die Schilderkombination von Rad- und Gehweg kombiniert mit „Einfahrt verboten“ wird zudem von vielen nicht richtig interpretiert.

Radwegbrücke ohne Anbindung

Die Innsbrucker Kettenbrücke ist nur ein Beispiel einer Verkehrsplanung, bei der man sich über die Radfahrer offensichtlich kaum Gedanken gemacht hat. Die Sprecherin von der Radlobby Tirol, Martina Gura, nennt noch ein zweites Innsbrucker Beispiel: Die Olympiabrücke. Hier habe man mit viel Geld eine Brücke hingestellt, ohne sie an den Enden in ein Radwegnetz einzubinden.

Radwegbrücke

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Die Olympia-Radwegbrücke

Bei der Stadt Innsbruck ist Stadträtin Uschi Schwarzl (Die Grünen) für Radwege zuständig. Sie sagt, man lege den Fokus auf Alltagsradler, hier gebe es noch viel zu tun. Andererseits verweist sie auf bereits Geschehenes, so etwa seien für Radler die Karwendelbrücke und der Emile-Béthouart-Steg geöffnet worden oder auch die Möglichkeit geschaffen worden, in der Universitätsstraße gegen die Einbahn zu radeln.

Schwarzl sagt, die Innsbrucker Fahrradkoordination werde auf zwei Stellen aufgestockt. Bezüglich der Kettenbrücke kündigt Schwarzl eine Verbesserung an: Das Land Tirol werde die Brücke nächstes Jahr sanieren und im Zuge der Sanierung werde die Situation dort fahrradfreundlich werden.

Martina Gura

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Die Sprecherin der Radlobby Tirol Martina Gura

Gemeindeübergreifende Defizite

Auch Gura bestätigt, dass in Sachen Alltagsradler in Tirol etwas in Bewegung kommt. Man sei aber erst am Beginn und es sei noch viel zu tun, um Tirol zu einem Radfahrerland zu machen. Im Hinblick auf die Rad-WM, die sie prinzipiell für gut findet, wünscht sich Gura, dass es für Alltagsradler auch diese finanziellen Mittel, diese Energie und diesen politischen Willen gäbe. So gebe es etwa in der Stadt Innsbruck nicht einmal ein eigenes Radfahrbudget. Defizite ortet Gura auch bei gemeindeübergreifenden Radwegen. Hier müssten sich Lokalpolitiker miteinander einigen und einsehen, dass man etwas tun müsse, wenn man den Radverkehr fördern wolle.

Mehrere Radprojekte in Umsetzung

In Tirol sind die Gemeinden für die Rad-Infrastruktur zuständig. Sie können aber Förderungen vom Land Tirol bekommen. Zuständig für diese Förderungen ist die Abteilung Verkehr und Straße. Deren Leiter Christian Molzer spricht von einem Aufschwung in Sachen Radverkehr so etwa seit den Jahren 2015 bis 2016. Seit damals seien etwa acht Millionen Euro an Förderungen für Radprojekte ausbezahlt worden. Eine Reihe von Projekten seien zur Umsetzung gelangt, Molzer nennt unter anderem die Sanierung des Innradwegs auf vielen Abschnitten.

In Umsetzung seien neben Projekten im Stubaital, im Drautal oder im Paznaun etwa auch der Eibergradweg oder der Ötztalradweg. Auch am Brenner bewege sich etwas, sagt Molzer. Er habe vor kurzem einen Förderantrag für den Bereich der Staatsgrenze bekommen, und für einen Radweg zwischen Schönberg und Mühlbachl gebe es intensive Planungen. Je enger der Raum sei, umso schwieriger seien Projekte umzusetzen, weil viele Interessen unter einen Hut zu bringen seien.

Hermann Hammer; tirol.ORF.at