Kassenreform für Arbeiterkammer Fiasko

Nach Bekanntgabe wesentlicher Eckpfeiler der Krankenkassenreform durch die Bundesregierung fällt die Reaktion der Arbeiterkammer am Freitag heftig aus. Man sieht das gute Gesundheitssystem in Österreich stark in Gefahr.

Mit massiven Attacken hat die Arbeiterkammerspitze auf die Sozialversicherungsreform der Bundesregierung reagiert. „Das ist ein Fusions-Fiasko, mit dem das Gesundheitssystem an die Wand gefahren wird. Setzen, Fünf“, richtete AK-Präsidentin Renate Anderl Türkis-Blau bei einer Pressekonferenz in Innsbruck aus. Mögliche Streikmaßnahmen seien „immer eine Option“, so Anderl.

Man habe bereits ein „Gremium zusammengesetzt“, das weitere Schritte beraten werde, erklärte die Arbeiterkammerchefin. Sie machte allerdings klar, dass man das Gesetz zunächst einer genauen Analyse unterziehen werde. In der Begutachtungsphase werde man versuchen, der Reform noch die „Giftzähne“ zu ziehen, so Anderl.

Hoffen auf intensive Verhandlungen

AK-Präsidentin Renate Anderl hofft, dass sich die Bundesregierung mit den Sozialpartner jetzt länger an einen Tisch setzt als bisher.

Auch Streikmaßnahmen nicht ausgeschlossen

Anderl und Tirols schwarzer AK-Chef und Bundesarbeiterkammer-Vize Erwin Zangerl, mit dem sie gemeinsam die Pressekonferenz bestritt, orteten zudem verfassungsrechtliche Bedenken bei der Reform. Als Beispiel für eine solche Nichtverfassungskonformität nannte Anderl, dass die Beitragsprüfung nun den Finanzämtern zufalle. Dies helfe zudem der Wirtschaft, schade den Versicherten und könne finanziell negative Auswirkungen bis hin zur Pension haben.

Wo man verfassungsrechtlich ein Problem sehe, werde man „weitere Schritte“ überlegen, so Zangerl, der sich Streikmaßnahmen zwar nicht wünscht, aber meinte: „Irgendwann wird so etwas notwendig sein müssen“.

Es brauche soziale Schwarze

Tirols AK-Präsident Erwin Zangerl (ÖVP) sieht sich als sozialen Schwarzen. den türkis-blauen Weg bezeichnet er als unsozial.

Einsparungen „sind Kürzungen“

Anderl und Zangerl sparten in dem Pressegespräch nicht mit Frontalangriffen auf die Regierung. „Da wird ein Riesen-Moloch geschaffen. Die Regierung fährt wieder einmal über die Anliegen der Arbeitnehmer drüber, wenn das so beschlossen wird. Das war eine Husch-Pfusch-Aktion“, meinte Anderl. Sie erwartete Einbußen bei der Versorgungsqualität durch die „Zwangsfusion“ der neun Gebietskrankenkassen zu einer Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) in nur neun Monaten.

Der Arbeiterkammer gehe es nicht um Funktionäre, sondern um Patientenrechte. „Die Regierung plant eine Dreiklassen-Medizin“, kritisierte Anderl und sah die Versicherten der Gebietskrankenkassen dabei in der dritten Klasse angesiedelt. Die angestrebten Einsparungen im Ausmaß von einer Milliarde Euro bis 2023 seien nichts anderes als eine „Kürzung“. „Die Zeche werden die Versicherten bezahlen“, folgerte die AK-Präsidentin.

Die Arbeitnehmerseite sah Anderl fast gar nicht eingebunden. Türkis-Blau habe von Anfang an nicht vorgehabt, Verhandlungen auf Augenhöhe zu führen. „Zu einer wirklichen Verhandlung ist es nie gekommen. Das war einfach ein Pflanz“, ärgerte sich die Arbeiterkammerchefin. Der vor kurzem stattgefundene Gipfel sei ein „Feigenblatttermin“ gewesen. Und Zangerl assistierte: „Der Gipfel ist in eine Bergpredigt ausgeartet.“

Zangerl ortet parteipolitische Motive

Zangerl polterte über eine Enteignung in „unglaublichem Ausmaß“. „Es geht um Macht, Geld und Einfluss. Im Vordergrund stehen parteipolitische Interessen. Diese Damen und Herren fahren ohne Sicherheitsgurt“, so Tirols AK-Chef, bekanntermaßen stets ein vehementer Kritiker von Türkis-Blau. Es sei unglaublich, dass sich „die Mehrheit vor einer Minderheit verteidigen muss“.

Die Regierung sei nicht nur über die Arbeitnehmervertreter drübergefahren, sondern auch über die Länder. Und mit den roten Ländervertretern sei nicht einmal gesprochen worden, ärgerte sich Zangerl. An die schwarzen Tiroler ÖVP-Nationalräte appellierte er, sich genau zu überlegen, ob sie der Reform letztlich zustimmen. Schließlich seien Volksvertreter nicht dazu da, immer nur „die Hand zu heben“.

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