Der vergessene Everest-Solist

Der Bergsteiger Franz Oppurg bestieg im Jahr 1978 als erster allein den Gipfel des Mount Everest. Seine grandiosen Leistungen sind jedoch nur wenigen bekannt. Am 17. September wäre der Tiroler 70 Jahre alt geworden.

Oppurg war ein stiller Held. Während die meisten Geschichten von der Mount-Everest-Expedition 1978 schon oft erzählt wurden, kennen diese nur wenige: Sechs Tage nachdem Reinhold Messner und Peter Habeler ohne zusätzlichen Sauerstoff den Gipfel bestiegen, ging der Tiroler als Erster alleine auf den welthöchsten Berg. Vermarktet hat sich Oppurg nie. Er verunglückte nur drei Jahre später tödlich bei einem Kletterunfall in den heimischen Bergen.

Bergsteiger Franz Oppurg

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Bergsteiger Oppurg blieb trotz seiner Erfolge bescheiden

Geschichte eines leidenschaftlichen Bergsteigers

Oppurg wurde 1948 in Steinach am Brenner geboren. Die Familie zog später nach Wattens. Dort erfasste den jungen Franz die Leidenschaft für das Bergsteigen. „Ganz egal ob es geregnet oder geschneit hat und ob wir nicht geschlafen haben, der Franz war immer bereit, in die Ski zu steigen oder irgendwo hinaufzuklettern. Das war für ihn alles", erzählte sein Kletterkollege Rudi Mayr. In seiner Jugend lernte er den acht Jahre älteren Oppurg kennen, der ihm das Klettern beibrachte. Sie waren viel gemeinsam unterwegs, auch als Kameraden beim alpinen Klub der Karwendler.

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Freund Rudi Mayr erinnert sich

Oppurg war laut Mayr nicht nur herausragender Bergsteiger und Alpinist, sondern ein feinfühliger und bescheidener Kamerad.

Chance des Lebens genutzt

Nach der Schule absolvierte Oppurg die Lehre zum Fleischer. 1975 wurde er Unteroffizier bei der Hochgebirgskompanie des Bundesheers. Erster Höhepunkt seiner Karriere waren Touren im Hindukusch im Jahr 1972. Drei Jahre später nahm er an einer Expedition auf den Jirishanca in den Anden teil. Ende der 1970er Jahre erhielt Oppurg die einmalige Chance, den größten Berg der Welt zu besteigen: 1978 nahm der Tiroler an der Expedition von Wolfgang Nairz zum 8.848 Meter hohen Mount Everest teil. Als erster Mensch kehrte Oppurg am 14. Mai von einer Solobegehung des Everest wieder zurück.

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Nicht nur am Berg „aushaltig“

Oppurg zeichnete ein ungeheuerlicher Antrieb aus. Auch eine sehr kurze Nacht konnte ihn nicht an einer Bergtour hindern.

Oppurg ging der Sauerstoff aus

„Auf dem Südgipfel auf 8.750 Metern war auf einmal der Sauerstoff aus. Das war natürlich eine furchtbare Situation für ihn", erzählte Mayr. Er habe sich deshalb verzweifelt hingesetzt und etwas Hartes gespürt. Er drehte sich um und entdeckte eine Sauerstoffflasche. Dann sei er alleine zum Gipfel gegangen, umgekehrt und wieder heil im Basislager angekommen. „Dem Franz sind jedes Mal die Tränen gekommen, wenn er darüber erzählt hat", erinnerte sich Mayr an die Erzählungen seines Freundes.

Franz Oppurg bei einer Expedition

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Die alleinige Besteigung des Mount Everest war eine Höchstleistung

Umgänglich und bescheiden

„Dadurch, dass der Franz so ein ungemein aktiver Mensch war, hat er auch viele Kletterpartner gehabt“, sagte Mayr. Er erinnert sich an so manchen feuchtfröhlichen Abend, an denen sie nach dem Klettern zusammen mit Kollegen bis in die Nacht musiziert und gesungen haben. „Wenn sich der Franz mit seinen riesigen Händen Zigaretten angezündet hat, wusste man, dass er ein bisschen rauschig war“, erzählte Mayr. Das hinderte ihn aber nicht daran, früh morgens wieder aufzubrechen und eine neue Route in Angriff zu nehmen.

Postkarte Franz Oppurgs an Rudi Mayr

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Per Postkarte verkündete Oppurg seinen Erfolg

Trotz seiner herausragenden Leistungen sei Oppurg bescheiden geblieben. „Er hat sich einfach nie in den Vordergrund gedrängt. Vielleicht war ihm das auch zu lästig oder irgendwie peinlich“, meinte Mayr. Das dürfte auch der Grund sein, warum Oppurgs Geschichte nie so bekannt wurde wie die von Messner und Habeler. Nun soll er aber die Anerkennung erhalten, die er verdient. Seine Ausrüstungsgegenstände werden im neuen Museum Wattens ausgestellt.

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So erzählte er von seinem Everest-Solo

Er habe immer Tränen in den Augen gehabt, wenn er von seinem Gipfelsieg am Everest erzählte, erinnert sich Mayr.

Tragischer Tod in der Heimat

Drei Jahre nach dem Everest-Alleingang, nämlich 1981, waren Mayr und Oppurg wie sooft gemeinsam klettern. Bei der Klettertour auf dem Hechenberg offenbarte sich Oppurg seinem Freund. „Er hat irgendwie eine Lebenskrise gehabt, und es war ein ziemlich ernsthaftes Gespräch, weil er angefangen, hat an seinem Können zu zweifeln.“ Nachdem Mayr versuchte ihn zu bestärken und ihm weismachte, dass es dafür keinen Grund gebe, habe der ihm tröstlich über den Helm gestreichelt. Daraufhin machten sich die beiden auf den Weg.

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Vor seinen Augen stürzte Oppurg ab

1981 war Mayr gemeinsam mit Oppurg auf dem Hechenberg klettern. Beim Abstieg stürzte der Everest-Solist in den Tod.

Beim anschließenden Abstieg vom Hechenberg stürzte Oppurg ab. „Der Franz war vielleicht 15 bis 20 Meter voraus. Ich habe ein Klirren gehört, bin dann ums Eck und habe nur mehr ein paar rollende Steine gesehen und den Helm vom Franz in so einem Kolk darunter, wo er genau mit dem Kopf auf einen Stein gefallen ist“, erinnerte sich Mayr. Oppurg verunglückte am 9. März 1981 tödlich. 37 Jahre sind seither vergangen. Für Mayr steht eines aber immer noch fest: „Einer wie der Franz hat nicht umsonst gelebt. Er hat viel Freude und viel Dankbarkeit hinterlassen.“

Helena Fröhlich, tirol.ORF.at

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