Dunkles Kapitel: Südtiroler im Abessinien-Krieg
Das faschistische Italien entfesselte 1935 einen mörderischen Angriffskrieg gegen Abessinien, dem Gebiet der heutigen Staaten Äthiopien und Eritrea. 500.000 Männer befahl Mussolini an das Horn von Afrika, um seinen Kolonialtraum zu verwirklichen. Auch 1.200 Südtiroler kämpften in Ostafrika.
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Einer dieser Südtiroler Soldaten war Johann Dellago aus Gröden. Sein Sohn, Edmund Dellago, bewahrt ein Fotoalbum aus dieser Zeit auf. Es ist ein Dokument aus dem Krieg, in dem Gewalt und Tod aber fast vollständig ausgeklammert sind. Lieber erzählte der Kavallerist aus Gröden seinen Söhnen von lustigen Begebenheiten. „Unser Vater erzählte, wie er in Afrika mit den Italienern Karten gespielt hatte und Knödel gekocht hatte. Die haben den italienischen Kameraden gut geschmeckt“, so Dellago.
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„Exotisches Abenteuer“
Viele Heimkehrer haben ihren Einsatz in Afrika als exotisches Abenteuer in Afrika dargestellt. Auch der Soldat Johann Dellago wollte nie über den Kampfeinsatz mit seiner Familie reden. „Da sind ihm die Tränen gekommen und hat sofort abgebrochen, von Giftgaseinsätzen wollte er nie reden“, erzählt sein Sohn Edmund. Mittlerweile ist bewiesen, dass bei Giftgaseinsätzen tausende Zivilisten getötet wurden.
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Suche nach Dokumenten
Ein Grazer Historiker sucht derzeit Bilddokumente von Südtirolern aus dem Abessinienkrieg. Fotos oder Briefe sollen für ein Fotoprojekt, an dem auch das Tiroler Photoarchiv TAP beteiligt ist, gesammelt werden. „Bei meinen Recherchen fällt auf, dass die Südtiroler Soldaten in Äthiopien eine doppelte Fremdheit gespürt haben. Einmal fühlten sie sich fremd in der faschistischen Armee, zum anderen war Afrika völlig anders“, sagt Markus Wurzer, der das Projekt leitet.
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Markus Wurzer sucht derzeit weiter nach Bildern und Erzählungen von Südtirolern aus dem Abessinienkrieg, deren Erinnerungen an den Afrikafeldzug oft ambivalent sind. Er möchte, dass dieses dunkle Kapitel in Südtirol kein Tabuthema mehr ist.