Feministische Parole prangt vom Dom

Ein feministischer Spruch prangt seit Freitag auf dem Baugerüst des Innsbrucker Doms. Die Innsbrucker Künstlerin Katharina Cibulka ließ auf eine Staubschutzplane den Spruch „Solange Gott einen Bart hat, bin ich Feminist“ sticken.

Die Kunstaktion erfolgte mit Zustimmung von Bischof Hermann Glettler und Generalvikar Florian Huber, sie ist Teil des Projekts „Kunstraum Kirche“. Cibulka hatte dem Generalvikar und Elisabeth Larcher von Kunstraum Kirche mehrere Sprüche vorgelegt, von sanfteren Sätzen bis zu progressiveren Aussagen. Diese hätten sich dann für einen sehr progressiven Satz entschieden, wie die beim Projekt für die Öffentlichkeitsarbeit zuständige Birgit Schmoltner sagt - und damit den Kirchenvertretern auch großen Mut attestiert.

Kunstinstallation am Dom

Mathias Prachensky

Der Spruch am Dom soll sensibilisieren

Mit dem Ausspruch auf dem Dom will Cibulka jedoch nicht provozieren, sondern sensibilisieren, wie sie sagt. Der Spruch stamme auch nicht von ihr, sondern sei eine der Antworten, die sie auf die Frage erhalten habe, ob es Feminismus heute noch brauche und ob es noch wichtig sei, sich für Gleichberechtigung einzusetzen.

Teil der Serie „Solange“

Den Anstoß zu der Frage habe ihr die britische Künstlerin Tracey Emin gegeben, die auf die Frage, ob Feminismus nicht mehr zeitgemäß sei, geantwortet habe, sie sei Feministin, solange eine Frau verbrannt werde, weil sie einen Mann angelächelt habe oder solange einer Lehrerin die Hand abgehackt werde, weil sie Mädchen Lesen und Schreiben beigebracht habe. Entsprechend den Antworten Emins initiierte Cibulka eine Serie von Installationen auf Baustellen unter dem Titel „Solange“. Die Installation an der Domfassade ist die fünfte der Serie und die vierte in Tirol.

Kunstinstallation am Dom

Ferdinand Cibulka

Pressebetreuerin Birgit Schmoltner (l.), die Künstlerin Katharina Cibulka und Vivian Simbürger, die gestickt hat

Die Sprüche werden aus pinkfarbenem Tüll auf die Staubschutzplanen aufgebracht und sollen ein Kreuzstichmuster imitieren. Die alte und meist von Frauen praktizierte Technik des Kreuzstichs soll auf ein weibliches Element hinweisen. Der weiblich geprägte Kreuzstich trifft dabei auf das traditionell männlich geprägte Umfeld einer Baustelle. Dabei soll nicht angeprangert oder auf Männer eingedroschen werden, sondern es sollen Themen, welche die Bevölkerung beschäftigen, aufgegriffen werden, sagt Schmoltner.

Darstellung von Gottvater auch kirchlich umstritten

Auch wenn der Spruch am Innsbrucker Dom von manchen als Provokation oder gar Blasphemie aufgefasst werden könnte, die Darstellung von Gottvater als bärtigen alten Mann war in der Kirche lange Zeit unbekannt und sogar verboten. Sie kam im Westen erst in der Renaissance auf, in der Ostkirche ist diese Darstellung nach wie vor fremd. Der lange Bart ist für die Künstlerin auch Symbol für etwas Überfälliges, wo es Änderung braucht. Für Cibulka sind auch innerhalb der Kirche Reformen notwendig, wie sie anmerkt.

Kunstinstallation am Dom

Mathias Prachensky

Der Ausspruch am Dom wird auch von vielen Touristen wahrgenommen

Die Installation auf der Dombaustelle soll je nach Fortgang der Bauarbeiten zumindest bis Anfang September zu sehen sein. Die Sprüche wurden von Vivian Simbürger auf das Netz gestickt, was eine Woche Arbeit in Anspruch nahm. Das Projekt wurde gefördert von Kunst im öffentlichen Raum des Landes Tirol.

Hermann Hammer, tirol.ORF.at