Mordprozess: Zeugen am Wort, Urteil erwartet

Am zweiten Tag im Mordprozess um eine zweifache Mutter aus Wörgl werden am Freitag etliche Zeugen befragt. Vor allem jene aus dem familiären Umfeld von Jennifer und des angeklagten Schwiegervaters könnten etwas Licht ins Dunkel bringen.

Erst am späten Freitagnachmittag konnten sich die Geschworenen zur Urteilsberatung zurückziehen. Bis dahin waren zahlreiche Zeugen am Wort und wurden die Schlussplädoyers gehalten - mehr dazu in Mordprozess: Geschworene beraten.

Belastende Aussage des Neffen

Möglicherweise belastend für den Angeklagten waren die Aussagen des Neffen. Diesen bestellte der Angeklagte nach seinem Selbstmordversuch zwei Tage nach dem Verschwinden von Jennifer ins Krankenhaus. Dort habe ihn sein Onkel aufgefordert mit einem Prepaid-Handy eine SMS an den Ehemann Jennifers zu versenden - mit dem Inhalt: „Such deine Schlampe nicht, bei Ala...“. Noch im Zeugenstand richtete der Neffe Worte an den Angeklagte. Er sei der Einzige, der Licht in die Sache bringen könne und solle das auch tun. Der Angeklagte reagierte nicht.

Ebenfalls im Zeugenstand stand die Lebensgefährtin des Cousins des Angeklagten. Dieser hatte am ersten Prozesstag angegeben, mit ihr ein Verhältnis gehabt zu haben. Die Frau verneinte das vor Gericht. Mit anfänglich weinender Stimme sagte die Mutter im Zeugenstand aus, dass es keinen anderen Mann im Leben ihrer Tochter gegeben hätte, auch wenn ihr Ehemann sie regelmäßig erniedrigt hätte. Zudem gab sie an, dass ihre Tochter eine gute Schwimmerin war.

Gemeinsamer Skitag geplant

Der Bruder von Jennifer gab an, dass sie ihre Kinder sehr geliebt hat und dass sie den Verdacht hegte, dass ihr Mann sie betrügen würde. Dennoch habe sie versucht, die Ehe aufrecht zu erhalten. Am Wochenende nach ihrem Verschwinden wäre ein gemeinsamer Skitag geplant gewesen. Grundsätzlich sei er selbst strikt gegen die Ehe seiner Schwester gewesen, weil die Familie des Ehemanns ein sehr konservatives Weltbild und keinen guten Ruf hätte. An der Suche nach Jennifer nach ihrem Verschwinden habe sich die Familie ihres Ehemanns kaum beteiligt.

Eine Arbeitskollegin sagte aus, dass Jennifer von Problemen mit ihrem Mann erzählte. Er hätte andere Frauen, und einmal musste sie auch ins Krankenhaus, weil er sie geschlagen hätte. Gleichzeitig sagte die Zeugin aus, dass sie am Tag ihres Verschwindens noch betont habe, dass ihr die Beziehung zu ihrem Mann wichtig sei. Auf keinen Fall wollte sie, wie von ihrem Mann angeboten, ohne ihre Kinder zurück zur Mutter nach München gehen.

Der Ehemann der Toten und Sohn des Angeklagten machte von seinem Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern, ebenso die Ehefrau des Angeklagten. Als erste Zeugin wurde die Fahrschullehrerin geladen. Sie gab an, dass Jennifer einen Tag vor ihrem Verschwinden auffällig ruhig war. Dabei hätte sie erzählt, dass sie einen Jobwechsel plane und dann ihre Kinder öfter sehen könne.

Tag 1: Viele Fragen an Angeklagten

Der erste Prozesstag war von vielen Fragen an den Angeklagten geprägt gewesen. Schließlich wollte er nichts mit dem Tod seiner Schwiegertochter zu tun haben. Erklärungsbedarf hatte er allerdings in vielerlei Hinsicht. Zum einen hat er nach dem Verschwinden seiner Schwiegertochter in deren Namen SMS versandt, seinen Chef gebeten zu lügen und auch im Internet recherchiert, ob man ein ausgeschaltetes iPhone orten könne. Für fast alles fand der Angeklagte eine Erklärung, wenngleich nicht immer sehr schlüssig - mehr dazu in Mordprozess mit vielen offenen Fragen.

Verdächtiger Prozess

EXPA/JAKOB GRUBER

Der Verdächtige bestreitet, seine Schwiegertochter getötet zu haben

Innerfamiliäre Verhältnisse werden näher betrachtet

Am Freitag werden über 20 Zeugen vor Gericht aussagen, darunter auch Familienangehörige. Beispielsweise haben Sohn und Ehefrau des Mordverdächtigen im Ermittlungsverfahren angegeben, dass sie dem Angeklagten zutrauen würden, etwas mit dem Tod der jungen Frau zu tun zu haben. Ebenso könnte das innerfamiliäre Verhältnis näher dargestellt werden. Richter Josef Geisler ließ aufhorchen, als er in seiner Befragung meinte, der Angeklagte habe ein Verhältnis mit seiner Schwiegertochter gehabt und sogar eines der Kinder sei von ihm.

Am Freitag werden auch noch andere Zeugen erwartet. Unter anderen etwa eine Pensionistin, die am 2. Februar das spätere Opfer weinend auf dem Beifahrersitz eines schwarzen Taxibusses gesehen haben will.

Motiv unklar, Todesursache unsicher

Gibt es in diesem Fall nicht doch noch ein Geständnis, werden Motiv und Todesursache unklar bleiben. Denn laut Gerichtsgutachten ist es möglich, dass die junge Wörglerin ertrunken ist. Gewalteinwirkung konnte jedenfalls nicht festgestellt werden - auch weil die Leiche nach zwei Monaten im Wasser schon in sehr schlechtem Zustand gewesen sei. Ein Urteil in diesem Indizienprozess wird für Freitagnachmittag erwartet.

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