ÖSV nimmt zu Missbrauchsvorwürfen Stellung

Der Österreichische Skiverband (ÖSV) hat jetzt auf die von der ehemaligen Skirennläuferin Nicola Werdenigg erhobenen Missbrauchsvorwürfe in den 1970er-Jahren reagiert. Man weist gleichzeitig daraufhin, dass die Vorwürfe Jahrzehnte zurückliegen.

„Wenn jetzt so etwas vorfallen würde, würden wir dazwischenfahren und kurzen Prozess machen“, betonte Peter Schröcksnadel, seit 1990 ÖSV-Präsident, gegenüber der Tageszeitung „Der Standard“ (Dienstag). Gegenüber ORF Tirol betonte Schröcksnadel, dass die geschilderten Vorfälle deutlich vor seiner Präsidentschaft passiert seien.

Sexuelle Übergriffe und Vergewaltigung

Werdenigg (seinerzeit Spieß), österreichische Abfahrtsmeisterin von 1975 und Olympiavierte von 1976, hatte im „Standard-Sportmonolog“ (Montag-Ausgabe) von sexuellen Übergriffen im heimischen Skisport bis hin zu einer Vergewaltigung durch einen Mannschaftskollegen während ihrer Karriere berichtet. Damals sei sie 16 Jahre alt gewesen. Auch von einem Skifabrikanten sei sie einmal unangemessen berührt worden. „Wer nicht mitspielen wollte, brachte seinen Startplatz in Gefahr“, erklärte die Tirolerin - mehr dazu in news.ORF.at.

Schröcksnadel könne Pantscherln nicht ausschließen

Schröcksnadel hielt nun im Gespräch mit dem „Standard“ fest, ihm sei in seiner Zeit als Präsident „nie etwas über sexuelle Übergriffe zu Ohren gekommen“. Er könne nicht ausschließen, „dass ab und zu zwischen Trainern und Athletinnen ein rauer Ton herrscht“. Der ÖSV-Chef will auch „das eine oder andere Pantscherl nicht ausschließen. Aber ein Pantscherl ist ja auch kein Übergriff.“

Zu den Ausführungen von Werdenigg stellte Schröcksnadel fest: „Das waren damals sicher andere Zeiten.“ Gleichzeitig gab der 76-jährige Tiroler zu, dass der ÖSV „darauf nicht wirklich eingestellt“ wäre, würde er sich aktuell mit solchen Vorwürfen konfrontiert sehen. Schröcksnadel verwies aber auf die ehemalige Weltklasseläuferin Petra Kronberger, „unsere Frauenbeauftragte“, und hofft, dass mögliche Betroffene „sofort zur Frau Kronberger gehen - und auch zu mir“.

Für Kronberger „mutiger und wichtiger Schritt“

Kronberger, zweifache Olympiasiegerin von Albertville 1992 (Kombination und Slalom), Abfahrtsweltmeisterin von Saalbach 1991 und dreifache Gesamt-Weltcup-Gewinnerin (1990 bis 1992), fungiert seit Herbst 2015 als „Konsulentin für Damensport“ im ÖSV. Auch sie kommentierte den Bericht Werdeniggs im „Standard“: „Das ist eine sehr aufwühlende und erschütternde Geschichte. Es braucht großen Mut, um damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Aber es ist wichtig, dass Nicola Werdenigg diesen Schritt getan hat.“

Gespräche innerhalb des ÖSV geplant

Die 48-jährige Salzburgerin hofft, dass sich mögliche aktuell betroffene Sportlerinnen direkt an sie wenden würden. Auch habe sie Ende November mit Schröcksnadel einen schon länger vereinbarten Termin, bei dem exakt dieses Thema besprochen werden soll. „Es ist ein ganz sensibles Thema“, sagte Kronberger, „mit dem man aufmerksam und sorgsam umgehen muss.“ Im Fall des Falles würde sie einer Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Außerdem müsste man sich „in Ruhe überlegen, wie man damit umgeht und an wen man sich wendet“.

Kronberger sprach auch von einem im Sport besonders schmalen Grat. „Man benützt seinen Körper, um Superleistungen zu bringen. Eine gewisse Nähe zu anderen Personen ist manchmal notwendig. Und da sollte sich jeder besonders bewusst sein, was noch ein respektvoller Umgang und was ein Übergriff ist.“ Ein Übergriff müsse auch nicht automatisch mit körperlicher Gewalt verbunden sein. „Es genügen“, betonte die Olympiasiegerin, „auch wenn das nicht alle so empfinden, oft schon Worte.“

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