Studio3-ARENA: Kontroversiell aber sachlich

Die Tiroler Spitzenkanidaten für die Nationalratswahl zeigten am Donnerstagabend in der Studio3-ARENA, dass ein Wahlkampf auch sachlich geführt werden kann. In einigen wenigen Punkten - etwa beim Thema Feinstaub - herrschte sogar seltene Einigkeit.

Vom legalen Cannabis über die Abschaffung der Kammerumlagen, das leistbare Wohnen oder die Bildung bis hin zur Feinstaubbelastung wurden viele Thema im Zuge der Diskussion angerissen - von Moderatorin Sybille Brunner genauso wie von Usern per E-Mail und etlichen Besuchern im ausgebuchten Studio 3 im ORF Landesstudio. Anders als im bundesweiten Wahlkampf spielte die Flüchtlingsproblematik eine untergeordnete Rolle. Und es gab auch - was bei politischen Diskussionen vor Wahlen eher selten vorkommt - auch das ein oder andere Eingeständnis.

Arena

ORF

Yildirim glaubt noch an Trendumkehr

Der Wahlkampf der SPÖ sei durchaus holprig, gestand etwa die Tiroler Spitzenkandidatin Selma Yildirim ein und verurteilte dabei auch gleich jegliche Art von Schmutzkübelkampagnen. Sie kritisierte aber auch, dass die ÖVP diese Neuwahlen vom Zaun gebrochen habe - zu einem Zeitpunkt wo die Umfragewerte für deren Spitzenkandidaten sehr hoch waren. Christian Kern hätte das im Jänner auch machen können, im Sinne Österreichs aber darauf verzichtet.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

„Nicht alles schlecht reden“

Diesen Appell richtete Selma Yildirim an die Wähler. Schließlich stehe Österreich im internationalen Vergleich sehr gut da.

Grünberg setzt sich auch in der Politik hohe Ziele

Sie wisse, dass sie ohne ihre besondere Geschichte, die Chance in die Politik zu gehen, nicht erhalten hätte, so die ÖVP-Spitzenkandidatin in Tirol, Kira Grünberg. So wie im Spitzensport setze sie sich auch in der Politik hohe Ziele und als Quereinsteigerin habe man die Chance, frischen Wind und neue Themen einzubringen. Dabei machte sie auch kein Hehl daraus, dass sie in manchen Themenbereichen noch nicht so in die Tiefe gehen könne. Von der Notwendigkeit von Neuwahlen sei sie überzeugt und ebenso, dass Sebastian Kurz als Kanzler den Stillstand im Land beenden könnte.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Grünberg zu Listenerstellung

Kira Grünberg zeigt Verständnis dafür, dass ihre Kandidatur nicht nur auf Gegenliebe innerhalb der ÖVP in Tirol gestoßen ist.

Wurm warnt vor erneuter großer Koalition

Es könne nicht sein, dass man als freiheitlicher Funktionär immer wieder bedroht werde, versuchte der FPÖ-Spitzenkandidat Peter Wurm sein umstrittenes Facebook-Posting, wo er „linke Hasser“ mit IS-Schlächtern gleichsetzt, zu rechtfertigen. Politisch forderte er von SPÖ und ÖVP noch vor der Wahl, eine neuerliche rot-schwarze Koalition auszuschließen, damit nicht in zwei Jahren erneut gewählt werden muss. Dass die ÖVP, die diese Neuwahlen verschuldet hätte, jetzt in den Umfragen vorne liegen und nicht dafür abgestraft werden, sei für ihn nicht nachvollziehbar, so Wurm.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

„Ohne FPÖ keine Veränderung“

National wie international warten laut Peter Wurm viele Herausforderungen. Eine erneute große Koalition wäre schlecht für das Land.

Aslan sieht neue Art der Politik

Mit der Abspaltung von Peter Pilz sind auch die Grünen nicht gerade glücklich in den Wahlkampf gestartet. Das habe man sich sicher nicht so vorgestellt, räumt die Tiroler Spitzenkandidatin Berivan Aslan ein. Gleichzeitig betont sie, dass die echten Krisen in anderen Parteien herrschen würden. Bei den Grünen setze man mit der Doppelspitze Lunacek-Felipe auf einen neuen, zeitgemäßen Führungsstil. Mit einem Wahlkampf der Inhalte sei man auch guter Dinge, dass eine Aufholjagd gelingen werde. Größten Handlungsbedarf sieht sie bei den sozial Schwachen. Es gebe nämlich immer mehr Menschen, die gerade so über die Runden kommen.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Aslan warnt vor Abbau von Sozialleistungen

Die Realität zeige, dass der Abbau von Sozialleistungen stetig voranschreite. Dem will Berivan Aslan mit den Grünen entgegen wirken.

Oberhofer vertritt klare Positionen

Gut vorbereitet ging NEOS-Spitzenkandidat Dominik Oberhofer in die Diskussion und vertrat dort klare Positionen. Als einzige Partei fordert NEOS etwa die völlige Legalisierung von Cannabis, weil nur so eine Entkriminalisierung stattfinden könne. Ebenso würde NEOS die Pflichtbeiträge der Kammern zuerst halbieren und später ganz abschaffen. Hier würden Milliarden von Euros sinnlos gehortet, kritisiert der Hotelier - und ebenso, dass Österreich sich das fetteste Parteiensystem weltweit leiste, während man als Bürger ständig das Gefühl habe in Form von Steuern, Abgaben und Strafen abgezockt zu werden.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Kammern im Visier der NEOS

Es gebe viele Organisationen wie den ÖGB oder den ÖAMTC, die auch ohne Pflichtbeiträge sehr gut auskommen würden, so Dominik Oberhofer.

Handlungsbedarf bei Pensionen und Bildung

Die Pensionsautomatik - also die Einbindung der Lebenserwartung ins Pensionssystem - wie sie in Schweden zur Anwendung gelangt, sei für Österreich derzeit kein Modell, waren sich alle fünf Vertreter einig. Für Grünberg hat das derzeitige Modell noch Luft nach oben, weil das tatsächliche Pensionsalter weit niedriger sei als das gesetzlich vorgeschriebene. Für Mindestpensionen teils deutlich über der 1.000-Euro Grenze sprachen sich Wurm, Yildirim und Aslan aus. Oberhofer kritisierte wiederum die hohen Pensionen der Spitzenbeamten.

Einigkeit bei Feinstaub und medizinischem Cannabis

Die Zulassung von Cannabis im medizinischen Bereich forderte ein betroffener ARENA-Besucher. Alle fünf Spitzenkandidaten sprachen sich dafür aus. Es sei hier sogar eine Lösung in Aussicht, wusste Peter Wurm, der ja bereits seit fast vier Jahren im Nationalrat sitzt.

Keine Lösung aber ein klares Bekenntnis zur Feinstaub-Reduktion in Tirol kam ebenfalls von allen Vertretern am Podium. Die Blockabfertigung am Mittwoch sei ein erster Schritt gewesen, um auf Bayern beim Ausbau der Schiene den Druck zu erhöhen, so Grünberg. Die Lkw-Zahlen müssten auf jenes Niveau vor dem EU-Beitritt reduziert werden, forderte Wurm. Grüne wie NEOS kritisierten, dass Österreich in der Umsetzung der Klimaziele generell säumig sei und dringender Handlungsbedarf besteht.

Stefan Lindner; tirol.ORF.at