Emotionale Diskussion im ORF zu Olympia 2026

Soll sich Tirol um Olympische Winterspiele 2026 bewerben oder nicht? Befürworter und Gegner blieben sich Donnerstagabend bei einer hitzigen Diskussion in der „Arena“ des ORF in Innsbruck nichts schuldig.

Vor gut 200 Besuchern im Studio 3 des ORF in Innsbruck und live zu hören in ORF Radio Tirol wurden sich die Gäste der „Arena“ wie erwartet nicht einig, ob sich Tirol für Olympische Winterspiele im Jahr 2026 bewerben soll oder nicht. Am Podium saßen LH-Stv. Josef Geisler (ÖVP), die Innsbrucker Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer (Für Innsbruck), ÖOC-Präsident Karl Stoss, Moderatorin Sybille Brunner, Ludwig Hartmann, aus Bayern und Mitbegründer Netzwerk „Nolympia“, Andrea Haselwanter-Schneider (Liste Fritz) und Georg Willi (Grüne).

Diskussion im ORF Studio 3

ORF

LH-Stv. Geisler: Tirol kann Geschichte schreiben

Olympische und Paralympische Winterspiele im Jahr 2026 seien eine große Chancen für die Wirtschaft und den Tourismus, außerdem könne Tirol Sportgeschichte schreiben, begründete LH-Stv Josef Geisler sein Eintreten für Olympia. Tirol wolle ein selbstbewusstes Angebot legen und vor dem Internationalem Olympischen Komitee (IOC) keinesfalls in die Knie gehen. „Wenn das IOC unser Angebot nicht akzeptiert, dann wird es eben nicht gehen“, so Geisler.

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Josef Geisler

Nicht nur Innsbruck sondern ganz Tirol werde von Olympia profitieren, da alle Regionen in das Olympiageschehen eingebunden werden sollten, so Geisler.

Haselwanter-Schneider: Nicht mit IOC ins Bett legen

Man dürfe sich mit dem IOC keinesfalls ins Bett legen, warnte Andrea Haselwanter-Schneider. Sie habe kein Vertrauen zu so einem Partner. Das wahre Problem der Tirolerinnen und Tiroler sei, dass alles teurer werde – etwa Essen und Wohnen. Das seien die Sorgen der Bevölkerung.

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Andrea Haselwanter-Schneider

Es werde bereits jetzt viel Steuergeld ausgeben: 300.000 Euro für eine Machbarkeitsstudie, 400.000 Euro für die Informationsveranstaltungen und mindestens 15 Mio Euro für die Bewerbung.

Oppitz-Plörer: Innsbruck ohne Olympia im Mittelfeld

Innsbrucks Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer verwies darauf, dass Olympische Spiele Innsbruck international bekannt gemacht und nach vorne gebracht hätten. Nun wolle man mit der Bewerbung zeigen, was möglich sei und einen neuen Weg für Olympische Spiele beschreiten.

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Christine Oppitz-Plörer

Ohne die beiden Olympischen Spiele 1964 und 1976 würde Innsbruck im internationalen Vergleich möglicherweise irgendwo im Mittelfeld liegen.

Willi: “Aus Vergangenheit lernen“

Georg Willi rief in Erinnerung, dass Olympische Spiele früher reine Amateurbewerbe gewesen seien. Doch das habe sich mittlerweile geändert. Man müsse aus der Vergangenheit lernen. Er sage aber klar Ja zu jährlich wiederkehrenden Sportereignissen wie Crankworx, dem „Air&Style oder dem „Dolomitenmann“, so Willi.

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Georg Willi

Mittlerweile sei Olympia ein Sportmegaereignis und laufe nach dem Diktat des IOC ab, das Geld verdienen wolle.

Stoss: „Tirol serviert alles am Silbertablett“

Wie ÖOC-Präsident Karl Stoss betonte, wolle man mit der Bewerbung zeigen, dass man sich vom IOC nichts diktieren lasse. Tirol würde alles, was für Olympische Spiele nötig sei, am Silbertablett servieren. Was jedoch nötig sei, seien dezentrale Olympische Dörfer – etwa in Hochfilzen. Hier sei der Bedarf an Hotelbauten auch gegeben, wie die Hochfilzener Vizebürgermeisterin in ihrer Wortmeldung bestätigte.

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Karl Stoss

Man lasse sich vom IOC gar nichts diktieren. Kein anderes Bundesland in Österreich habe so moderne Sportstätten. Es werde in Tirol keine neuen Bauten für Olympia geben, so Stoss.

Hartmann mit heftiger Kritik an Machbarkeitsstudie

Dass - wie von Stoss - erwähnt, das IOC einen neuen Weg eingeschlagen habe und nun auf moderate Sportevents setze, wollte Ludwig Hartmann nicht gelten lassen. Wer glaube, es habe sich etwas geändert, liege falsch, so der Bayer.

Erst wenn das IOC ohne Bewerber im Alpenraum dastehe, sei eine Änderung im Denken möglich. Er übte zugleich heftige Kritik an der Machbarkeitsstudie. Geschrieben werde, was bestellt werde, so Hartmann. Das Ziel müsse sein, dass sich das IOC und Gemeinden/Regionen zusammenschließen um Spiele zu machen. Soweit sei man aber nicht.

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Ludwig Hartmann

Derzeit müsse sich die Stadt den Spielen anpassen. Genau das sei das Problem, meinte Hartmann. Man könne Geschichte schreiben, wenn man das umdrehe.

Keine Einigkeit beim Thema Finanzen

Auch beim Thema Geld/Finanzen kamen die Diskussionsteilnehmer auf keinen grünen Zweig. Während die Olympiagegner am Podium - Hartmann, Haselwanter-Schneider und Willi – die angesetzten Kosten als zu nieder ansahen und weitere Kosten beispielsweise bei der Sicherheit anführten, verwies Geisler bei seiner Wortmeldung darauf, dass das Budget eingehalten würde. Außerdem gebe es noch einen Polster in Höhe von 100 Mio. Euro. Man habe 300 Mio Euro für die lokale Sicherheit budgetiert, den Rest würde der Bund übernehmen, der dann aber auch Einnahmen verzeichnen könne.

Und auch wenn Tirol nicht den Zuschlag zu den Spielen erhalten würde, sei das Geld, das die Bewerbung koste, nicht verloren. Dann habe man eben international für Tirol geworben, so Geisler.

Abstimmungsfrage wertend oder nicht?

Im Jahr 1997 lautete die Abstimmungsfrage zu Olympischen Spielen: „Soll sich Tirol dafür einsetzen, dass im Jahr 2006 in Innsbruck-Tirol Olympische Winterspiele veranstaltet werden?“ Damals stimmten 53,7 Prozent der Innsbruckerinnen und Innsbrucker dagegen.

Diesmal lautet die Frage: „Soll das Land Tirol ein selbstbewusstes Angebot für nachhaltige, regional angepasste sowie wirtschaftlich und ökologisch vertretbare Olympische Spiele 2026 legen?“

Mitdiskutieren in Facebook

Erstmals konnten interessierte Hörerinnen und Hörer an der Live-Diskussion in der „Arena“ via Facebook teilnehmen. Ihre Fragen wurden in die Diskussion eingebracht.

Diese Fragestellung sorgte in der „Arena“ für hitzige Wortmeldungen. Es sei die Machbarkeitsstudie in die Fragestellung eingearbeitet, argumentierte Josef Geisler. Die Fragestellung sei wertend und manipulativ, meinte Andrea Haselwanter-Schneider. Georg Willi führte an, dass ein Selbstbewusstsein in diesem Zusammenhang wohl selbstverständlich sei. Auch im Publikum meldeten sich immer wieder Personen und verschafften ihrem Unmut über die Fragestellung lautstark Luft.

Diskussion im Studio 3 zum Nachsehen: tvthek.orf.at

Öffentlicher Verkehr soll ausgebaut werden

Dass der Verkehr während der Olympischen Spiele zunehme und sich Tirol in der Welt präsentieren könne, müsse man 14 Tage aushalten, so Geisler. Aber es sei der weitere Ausbau des öffentlichen Verkehrs nötig, mit dem Projekt Olympia habe man dann vielleicht mehr Geld zur Verfügung so der für den Sport und Verkehr zuständige Landesrat.

Man dürfe Investitionen nicht für eine 14-tägige Party planen, warf Hartmann ein. Man müsse schauen, was die Menschen an Sportanlagen wirklich brauchen würden – beispielsweise Schwimmbäder. Er rechne allerdings mit einem knappen Ergebnis bei der Abstimmung am 15. Oktober, könne aber nicht sagen, wer die Oberhand haben werde. Mit einem Nein als Ergebnis der Abstimmung rechnen Georg Willi und Andrea Haselwanter-Schneider, während Josef Geisler, Christine Oppitz-Plörer und Karl Stoss mit einem klaren Ja rechnen würden.

Gesangseinlage statt Frage

Für Schmunzeln, Lachen und teilweise auch für Unverständnis bei den Anwesenden sorgte der Kulturschaffende Norbert Pleifer vom Innsbrucker Treibhaus, der seine Wortmeldung zusammen mit weiteren Olympiagegnern mit einer Gesangseinlage schloss, auf eine Frage an die Diskussionsnteilnehmer jedoch verzichtete.

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Norbert Pleifer

Norbert Pleifer mit Olympiagegner bei der Gesangseinlage

Gegner und Befürworter machten Stimmung

Bereits eine Stunde vor Beginn der Diskussion kamen Donnerstagabend zahlreiche Befürworter und Gegner der möglichen Bewerbung vor das ORF Landesstudio um hier ihre Meinung kundzutun.

Befürworter und Gegner der Olympiabewerbung vor dem ORF Landesstudio

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Befürworter und Gegner der Olympiabewerbung vor dem ORF Landesstudio