Keine Bewerber für viele Kassenarzt-Stellen

Für viele der ausgeschriebenen Kassenarzt-Stellen finden sich keine Bewerber. In den letzten Monaten wurden 21 Hausarzt- und Facharztstellen ausgeschrieben, nur für vier Stellen fanden sich Bewerber.

Während die Eröffnung von Wahlarztpraxen boomt, sind Kassenstellen offenbar nicht mehr attraktiv. Das könnte sich mit einer Pensionswelle in den nächsten Jahren noch weiter zuspitzen. In Kufstein etwa, sorgt eine solche fehlende Nachbesetzung einer Hausarztstelle bereits jetzt für Aufregung. Es gibt lange Wartezeiten und die Suche nach Ärzten, die neue Patienten aufnehmen, ist mühsam.

Kein Bewerber trotz mehrfacher Ausschreibung

So ist etwa die Praxis von Erwin Zanier seit April geschlossen. Der Hausarzt ist in Pension gegangen, weil er die Altersgrenze von 70 Jahren erreicht hat. Seine Kassenstelle will seitdem niemand übernehmen. Die Stelle wurde zwei Mal ausgeschrieben aber es gibt keine Bewerber. Nicht einmal nachgefragt habe jemand, weiß Zanier.

Leere Arztpraxis

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Geschlossene Kassenarztpaxen mehren sich

Viele junge Ärzte wollen offenbar keine Kassenstellen mehr, sie arbeiten lieber als Wahlärzte. Für den Arzt sei das attraktiver, denn er habe freie Gestaltungsmöglichkeit bei der Honorierung oder bei den Öffnungszeiten, sagt Zanier. Ein Wahlarzt sei auch nicht an die Administration einer Kassenpraxis gebunden. „Er wird mit gleich viel Arbeit ein bisschen mehr verdienen oder mit weniger Arbeit gleich viel.“

Artur Wechselberger

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Artur Wechselberger

Forderungen der Ärztekammer

Tirolweit konnten nach Ausschreibungen insgesamt 17 Kassenstellen nicht vergeben werden. Die Sozialversicherung müsse Kassenstellen wieder attraktiver machen, sagt Artur Wechselberger, Präsident der Tiroler Ärztekammer. Er fordert Freiheit für Kassenärzte in der Leistungserbringung, in der Organisation der Praxis oder in der Frage, ob sie jemanden anstellen wollen und vor allem leistungsgerechte Honorare.

Vom Land Tirol und der Gebietskrankenkasse heißt es, dass es derzeit keinen akuten Mangel gebe und dass fast alle Kassenstellen derzeit noch besetzt seien. Man arbeite außerdem laufend an Honoraren und Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Das sei aber zu wenig, kritisiert die Ärztekammer.

Laut TGKK kaum vakante Stellen

Der Direktor der Tiroler Gebietskrankenkasse (TGKK) Arno Melitopulos sagt, man sei gerne bereit, mit der Ärztekammer zu verhandeln, sie brauche nur konkrete Forderungen zu stellen. Man habe in den letzten Jahren viel investiert und für die Jahre 2016 bis 2018 ein 455 Millionen Euro schweres Maßnahmenpaket vereinbart, mit verbesserten Rahmenbedingungen, mehr Honorar, leistungsorientierterer Honorierung und dem Ausbau der Mindestordinationszeit.

Melitopulos sagte weiters, von einem akutem Ärztemangel könne keine Rede sein, 99 Prozent der Hausarzt-Stellen in Tirol seien besetzt. Bei den offenen Stellen handle es sich nicht um vakante Stellen, sondern um Stellen in Ausschreibung. Zum Teil würden schon jetzt Stellen für die Jahre 2018 oder 2019 ausgeschrieben. Mit Stichtag 1. Juli habe es in Tirol vier offene Kassenstellen für Allgemeinmediziner gegeben, von insgesamt 312 Kassenstellen.

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