Lkw-Anstieg trotz sektoralen Fahrverbots

Auch die zweite Phase des sektoralen Lkw-Fahrverbots hat den Schwerverkehr durch Tirol nicht einbremsen können. Im Mai und Juni hat der Transitverkehr auf der Brennerstrecke sogar noch stärker zugenommen als in den Monaten davor.

Im Mai und Juni sind heuer um 23.000 Sattelschlepper und Lkw-Züge mehr über den Brenner gerollt als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Das entspricht einem Plus von mehr als sechs Prozent.

Lkw-Stau auf der Inntalautobahn

ZOOM-Tirol

Daran konnte offenbar auch die zweite Stufe des sektoralen Lkw-Fahrverbots für bestimmte Transporte wie Müll, Holz, Steine und Erze nichts ändern. Seit 1. Mai gilt dieses Verbot nicht nur für ganz alte Lkws, die kaum mehr im Transitverkehr im Einsatz sind, sondern auch für etwas neuere Schwerfahrzeuge.

Trotzdem hat der Schwerverkehr noch weiter zugenommen. Ein Hauptgrund dafür dürfte im wirtschaftlichen Aufschwung liegen. Das sektorale Lkw-Fahrverbot ist derzeit nicht in der Lage, diese Zuwächse abzufedern. Zwar sind zuletzt auch mehr Lkws per Bahn auf der Rollenden Landstraße durch Tirol transportiert worden, in absoluten Zahlen sind die Zuwächse auf der Straße aber um ein Vielfaches größer.

Felipe will Nachbarn einbinden

Die für Verkehr zuständige Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) sieht in den jüngsten Zahlen eine Bestätigung für die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen. Es sei notwendig, die Mautgebühren über alpenquerende Pässe mit den Nachbarländern zu harmonisieren und die Belastung der Bevölkerung einzurechnen. „Wir brauchen die Unterstützung der Nachbarn, um die Korridormaut von München nach Verona zustande zu bringen“, so Felipe gegenüber ORF Tirol.

Nächstes Jahr gebe es ein Treffen der Länder der Alpenregionen zur Besprechung der weiteren Vorgangsweise. Seine Teilnahme daran habe auch der Verkehrsminister von Baden-Württemberg schon zugesagt. „Die starken Wirtschaftsregionen an den Rändern der Alpen sind maßgeblich beteiligt am massiven Tiroler Transitverkehr, das Ziel sind gemeinsame Strategien dagegen“, so die Landesrätin im ORF-Gespräch.

„Verlagerung ist europäische Anstrengung“

Die Bahninfrastruktur müsse so attraktiv gestaltet werden, dass das Umsteigen einfach möglich sei. Noch immer sei die Kostenwahrheit auf der Straße nicht gegeben. Durch das sektorale Fahrverbot sei die Auslastung der Rollenden Landstraße (RoLa) gestiegen, vergangene Woche mussten zusätzliche Kapazitäten bereitgestellt werden, weil immer mehr Güter von der Straße auf die Schiene verlagert würden. Aber notwendig seien gemeinsame europäische Anstrengungen, so Felipe.

Erschreckende Zahlen über Schwerverkehr

Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) erklärt im Studio von „Tirol heute“, dass das sektorale Fahrverbot Wirkung gezeigt habe. Es seien aber noch weitere Maßnahmen nötig.

Freiheitliche sehen „Placebo-Verordnung“

Die FPÖ sieht in den aktuellen Transitzahlen ein Versagen der für Verkehr zuständigen Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne). „Die Wiedereinführung eines tauglichen sektoralen Fahrverbotes wäre seit Jahren möglich gewesen, denn 30 Prozent des Lkw-Verkehrs in Tirol ist – statistisch erwiesen – reiner Ausweichverkehr", so Landesparteiobmann Markus Abwerzger. Es brauche dringend Verhandlungen mit anderen Transitstaaten, wie beispielsweise der Schweiz.

Das derzeitige Fahrverbot enthalte mehr „Ausnahmen als Verbote“, meint SPÖ-Verkehrssprecher Georg Dornauer auf Nachfrage. Man habe sich in Brüssel über den Tisch ziehen lassen, so Dornauer. Bei der ÖVP zeigt sich der neue Verkehrssprecher Martin Wex verhalten. Lkw-Zuwächse in dieser Höhe könne man nicht hinnehmen. Das derzeitige Fahrverbot sei notwendig gewesen, es könne aber nur eine von vielen Maßnahmen sein, so Wex.

Transitforum sieht Landesregierung in der Pflicht

Der Transit auf der Brennerstrecke und die damit zusammenhängenden Belastungen durch Lärm und Abgase seien keine Probleme der Alpenregionen oder der EU, sondern sie seien auf Versäumnisse der Landespolitik nördlich und südlich des Brenners zurückzuführen, meint das Transitforum. Es fordert ein LKW-Nachtfahrverbot von Kufstein bis Salurn, weitere Tempolimits für PKW, Busse und LKW, ein Stop des Tanktourisms durch Billigtankstellen an den Autobahnen sowie die Erhöhung des LKW-Kilometer-Tarifs auf mindestens 70 Cent. Das Geld soll dann zweckgebunden für Schutzmaßnahmen der Bevölkerung vor Abgas und Lärmbelastung verwendet werden, meint das Transitforum.

Link: