Regierung präsentiert Mindestsicherung neu

Die schwarz-grüne Tiroler Landesregierung hat am Dienstag die Eckpunkte der Mindestsicherung neu bekannt gegeben. Die Tarife wurden teilweise gekürzt und auch die Kriterien für Mindestsicherungsempfänger verschärft - analog zum Modell in Vorarlberg.

Die Mindestsicherung ist seit einiger Zeit ein höchst kontroverses Thema in der Innenpolitik. Nicht zuletzt deshalb, weil in Oberösterreich die ÖVP-FPÖ Koalition Kürzungen vorgenommen hat. Da die Mindestsicherung Sache der Länder ist und daher unterschiedlich hohe Beträge in den einzelnen Bundesländern bezahlt werden, sprechen Kritiker von Mindestsicherungstourismus. Ein Ultimatum für eine bundesweit einheitliche Lösung von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) an die Länder ist Ende des Vorjahres erfolglos verstrichen.

Platter setzte in der Vergangenheit auch immer wieder auf eine bundesweite Lösung - mehr dazu in Mindestsicherung: Platter fordert Bundeslösung . Er hat aber zuletzt auch immer wieder ein Lösung für die westlichen Bundesländer ins Spiel gebracht - mehr dazu in Mindestsicherung: Platter setzt auf „Westachse“. Diese wird jetzt umgesetzt.

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Anreiz zum Arbeitseinstieg

Das Ziel könne nicht sein, dass der Weg immer öfter in die Mindestsicherung führt, aber nicht mehr heraus, so LH Günther Platter.

Änderungen für den Bereich Wohnen

Mindestsicherungsempfänger, die in einer Wohngemeinschaft leben sollen künftig um 160 Euro monatlich weniger bekommen - also nur mehr 473 statt bisher 633 Euro.
Generell soll Wohnen vermehrt als Sachleistung geregelt werden. Das Land Tirol hat künftig die Möglichkeit, MindestsicherungsempfängerInnen eine Wohnung zuzuweisen, die Tiroler Sozialen Dienste werden mit der Bereitstellung von Wohnungen beauftragt. Wird eine Wohnung von den BezieherInnen nicht angenommen, kann dies zum Entfall der Wohnleistung führen.

Die Wohnkosten sollen künftig bezirksweise gedeckelt werden. Die Höhe der Deckelung wird an Tiroler Wohnungskosten von Wohnungen mit mittlerem Wohnwert angepasst. Über diesen für jeden Bezirk eigens festgesetzten Betrag wird es keine darüber hinausgehende Übernahme der Wohnkosten mehr geben.

Ein Beispiel:
Bisher: Zwei alleinstehende Personen in einer Wohngemeinschaft erhielten als Lebensunterhalt bisher insgesamt 1.266 Euro (2 x 633 Euro).
Neu: Künftig erhalten sie 946 Euro (2 x 473 Euro).

Einschränkung der vierteljährlichen Sonderzahlungen

Der Kreis der Anspruchsberechtigten für die vierteljährlichen Sonderzahlungen in Höhe von 76 Euro für DauerbezieherInnen wird eingeschränkt. Weiterhin gewährt werden die Sonderzahlungen jener Menschen, die die Unterstützung dringend benötigen. Darunter fallen Minderjährige (mit Anspruch auf Familienbeihilfe), MindestrentnerInnen, AlleinerzieherInnen und Menschen mit Behinderung (ab 50 Prozent Beeinträchtigung).

Wiedereinsteiger ins Berufsleben sollen für eine befristete Zeit eine Aufzahlung aus der Mindestsicherung bekommen, wenn die Bezahlung der Beschäftigung geringfügig über dem Richtsatz der Mindestsicherung liegt. Es gibt zwar bereits jetzt eine Freibetragsregelegung im Gesetz, diese greift aber nicht in der gewünschten Form. Deshalb soll die Regelung noch attraktiver gestaltet werden, damit MindestsicherungsbezieherInnen möglichst schnell wieder in den Arbeitsprozess finden.

Neu Sätze für Kinder und Integrationspassus

Weil die Familienbeihilfe des Bundes progressiv gestaltet ist – je mehr Kinder, desto höhere Beiträge – und seit der Steuerreform auch der Kinderabsetzbetrag bei geringen Einkommen ausbezahlt wird, werden die Mindestsicherungssätze für Kinder in Zukunft gestaffelt. Für Minderjährige mit Familienbeihilfe werden demnach folgende Prozentsätze des Ausgangswertes festgelegt: 1. und 2. Kind: 24,75 Prozent (wie bisher); 3. Kind: 22,75 Prozent; 4 bis 6. Kind: 15 Prozent; ab dem 7. Kind: 12 Prozent.

Schon im Rahmen des Asylverfahrens werden AsylwerberInnen im Rahmen von Deutschkursen, Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. Im neuen Tiroler Mindestsicherungsgesetz wird die Verpflichtung verankert, dass Deutsch-, Orientierungs- und Wertekurse zu absolvieren sind. Bei Nichtbeachtung sind schrittweise Kürzungen bis zu 66 Prozent der Mindestsicherungsleistung möglich. Für Orientierungs- und Dokumentationszwecke wird ein Tiroler Integrationskompass geschaffen.

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Maßgabe war Menschenwürde

Ziel war es trotz veränderter Bedingungen, in Not geratenen Menschen die notwendige Hilfe für ein menschenwürdiges Leben zukommen zu lassen, so LHStv Ingrid Felipe.

Für Felipe „Allianz der Vernunft“ im Westen

Die Landesregierung geht davon aus, dass sie durch die Mindestsicherung neu etwa fünf Millionen Euro einsparen kann. Für die grüne LHStv. Ingrid Felipe ist es ein Modell mit „Augenmaß und Balance“: „Es ist zu keiner generellen und undifferenzierten Deckelung der Mindestsicherung gekommen“. Ein zentrales Anliegen sei überdies die EU- und Verfassungskonformität der ausgearbeiteten Lösung gewesen. Es habe sich eine „Allianz der Vernunft“ im Westen gebildet, die eine vertretbare Lösung vorgelegt habe, konstatierte Felipe: „Wir beweisen, dass man auch in turbulenten Zeiten helfen kann“.

Abstimmung im Mai-Landtag, Inkrafttreten ab Juli

Platter sieht durch den Regierungsbeschluss die Kritiker in den eigenen Reihen, wie etwa Wirtschaftsbundobmann Franz Hörl und Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf, zufriedengestellt: „Die ausgearbeitete Lösung wurde durch die Arbeitsgruppe eng abgestimmt, und es besteht Konsens“, gab sich der Landeschef überzeugt. Zudem sah er das Thema „eindeutig abgehakt“. „Der Regierungsbeschluss ist paktiert und das Thema damit erledigt“, so Platter. Beschlossen soll die Novelle zum Mindestsicherungsgesetz im Mai-Landtag werden, mit 1. Juli dann in Kraft treten

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