Aufregung um TIWAG-Grundstücksgeschäft

Ein Grundstücksgeschäft in Haiming bringt den landeseigenen Energieversorger TIWAG unter Beschuss. Es geht um ein Grundstück der TIWAG, das seinerzeit die Nazis heimischen Bauern für ein Großkraftwerk abgekauft haben.

Ehemalige Grundbesitzer wollen nun klagen. Sie pochen auf ihr Vorkaufsrecht. Die TIWAG sieht das anders. Es geht um 20 Hektar Grund im Haiminger Gewerbegebiet. Rund die Hälfte davon hat die TIWAG an die Firma Handl Tyrol GmbH verkauft. Die TIWAG selbst hat den Grund von einer Vorgängergesellschaft übereignet bekommen.

Grund für Kraftwerksbau verkauft

Diese Fläche ist aber historisch belastet: Sie diente in den 1940er Jahren des vorigen Jahrhunderts den Nazis als Arbeitslager für den geplanten Bau eines Mega-Wasserkraftwerks im Ötztal. Vorgesehen war eine Staumauer in Längenfeld und ein Stausee größer als der Reschensee. Es war ein nie realisiertes Projekt der TIWAG Vorgängerin, Westtiroler Kraftwerke AG.

Ehemalige Eigentümer pochen auf Vorkaufsrecht

Die Grundverkäufe dafür fanden in Haiming damals unter fragwürdigen Umständen statt, behaupten ehemalige Vorbesitzer, unter anderem Anton Raffl. Anton Raffl, ehemaliger Vizebürgermeister, hat sich mit der Geschichte des Ötztal-Kraftwerks befasst. „Wenn man bedenkt, dass diese Kaufverträge von vielen Eigentümern oder Miteigentümern überhaupt nicht unterfertigt wurden, dass da zum Beispiel die Mutter für den Sohn bevollmächtigt wurde, der an der Front stand, den Vertrag zu unterschreiben. Solche Verträge wurden von den ansässigen Behörden damals für in Ordnung gefunden“, erklärt Raffl.

Grundstück Haiming, umstrittener Verkauf

ORF

Die Beinkorbwiesen bei Haiming

Außerdem wurde in allen Kaufverträgen damals den Bauern für das nicht benötigte Land ein Rückkaufsrecht eingeräumt. Die TIWAG hätte damit zuerst den ehemaligen Grundbesitzern bzw. deren Erben ein Angebot machen müssen, bevor sie an Handl verkaufte, argumentiert Raffl.

TIWAG geht von rechtsmäßigem Verkauf aus

TIWAG-Vorstandsvorsitzender Erich Entstrasser geht allerdings von einem rechtlich korrekten Grundstücksgeschäft aus. Das sei bereits 1950 festgestellt worden. „Wir berufen uns auf die Entscheidung dieser Rückstellungsoberkommission, die entschieden hat, dass keine NS-Interessen beim Grundstückskauf zu Tage getreten sind und dass diese Entschädigungen auf Basis des Kraftwerksprojektes zu Recht erfolgt sind und damit auch der Grundstückskauf rechtkräftig ist“, erläutert Entstrasser.

„Die Grundstücke sind rechtmäßig bei der TIWAG und wir sind der Meinung, dass wir diese Grundstücke dann auch verkaufen können“, fasst der Vorstandsvorsitzende zusammen. Sollte es jedoch neue Unterlagen geben, so sei man durchaus bereit, die rechtliche Position zu revidieren, sagt Entstrasser von der TIWAG. 40 ehemalige Grundbesitzer bzw. deren Rechtsnachfolger wollen nun eine Feststellungsklage einbringen.