VfGH kippt Agrargesetz in einem Punkt

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat das von der schwarz-grünen Landesregierung beschlossene Agrargesetz in einem Punkt, nämlich bei der sogenannten Stichtagsregelung, aufgehoben. Die Oppositionsparteien feiern das als Sieg.

Mit der 2014 im Landtag mehrheitlich abgesegneten Novelle zum Flurverfassungsgesetz sollte das Dauerstreitthema Agrargemeinschaften ad acta gelegt werden. Die Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ, Liste Fritz und Impuls Tirol haben gegen das Gesetz Beschwerde eingelegt und jetzt teilweise recht bekommen, wie die „Tiroler Tageszeitung“ am Freitag berichtet.

Rückforderungen zeitlich unbeschränkt möglich

Die Stichtagsregelung legt fest, ab welchem Zeitpunkt in der Vergangenheit allfällige geldwerte Ausschüttungen in Gemeindeguts-Agrargemeinschaften den Gemeinden zustehen. Die im Agrargesetz bestehende Regelung wurde nunmehr als gleichheitswidrig erkannt. Im Agrargesetz waren laut „TT“ die vor Oktober 2008 bzw. November 2013 getätigten Ausschüttungen aus Substanzerlösen (z. B. Grundverkäufen) sowie Einnahmen aus Holzgeschäften ausgeklammert worden. Ausschüttungen an Agrarmitglieder, die ohne Zustimmung der Gemeinde erfolgt sind, könnten zeitlich unbeschränkt zurückgefordert werden.

In den anderen Punkten hielt das Flurverfassungsgesetz der höchstrichterlichen Prüfung stand. So sei etwa die Beschwerde der Opposition hinsichtlich der Bewirtschaftungsentgelte zurückgewiesen worden. Dass Agrargemeinschaften bei einer endgültigen vermögensrechtlichen Auseinandersetzung auch Abfindungsgrundstücke aus der Substanz erhalten dürfen, wird ebenfalls akzeptiert.

Regierung will Gesetz zügig anpassen

Naturgemäß unterschiedlich fallen die politischen Reaktionen aus. Das Gesetz sei in zwei von drei wesentlichen Punkten bestätigt worden, betonte LHStv. Josef Geisler (ÖVP). „Grundsätzlich hat der Verfassungsgerichtshof unser Gesetz bestätigt. Die Stichtagsregelung werden wir zügig anpassen und eine praktikable und verfassungskonforme Lösung für vergangene Einkünfte aus nicht agrarischen Tätigkeiten ausarbeiten“, so Geisler in einer Aussendung. Positiv sei, dass der VfGH die Regelung für die Erlöse aus land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeiten bestätigt habe.

„Erkenntnisse des Höchstgerichts sind zu akzeptieren. Das gilt auch für dieses Erkenntnis“, meinte Grünen-Klubobmann Gebi Mair. Der überwiegende Teil des Gesetzes - beispielsweise der Substanzverwalter, die Bewirtschaftungsbeiträge oder die Auseinandersetzungsverfahren - sei bestätigt worden. Höchstgerichtliche Erkenntnisse seien auf Punkt und Beistrich umzusetzen - nun werde eine entsprechende Regelung ausgearbeitet und dem Landtag ohne Verzögerung vorgelegt.

Schelte für Regierung von der FPÖ

FPÖ-Landesparteichef Markus Abwerzger bezeichnete das Verfassungsgerichtshoferkenntnis als einen „Schlag ins Gesicht für die grün-schwarze Landesregierung“: „Die Landesregierung schafft es nicht einmal mit detaillierten Vorgaben ein faires Gesetz zu verfassen, so etwas ist nicht nur peinlich, sondern führt dazu, dass der lange Rechtsstreit nun weitergeht.“

Für SPÖ ein weiterer Sieg für Gemeinden

„Ein weiterer Sieg für die Gemeinden. Wir freuen uns sehr, dass der Verfassungsgerichtshof erneut die Ungerechtigkeit der jüngsten Novelle der schwarz-grünen Landesregierung erkannt hat und somit den Gemeinden zu ihrem Recht verhilft“, befand wiederum SPÖ-LAbg. Georg Dornauer. Solange „die ÖVP, oder besser gesagt der Bauernbund“, nicht anerkennt, welches Unrecht den Gemeinden durch die unrechtmäßige Eigentumsübertragung widerfahren sei, werde die Sache nicht vom Tisch sein.

Bestätigt durch die VfGH-Entscheidung sieht sich indes Rechtsanwalt und Ex-Liste Fritz-LAbg. Andreas Brugger, der die Beschwerde der Opposition beim Höchstgericht eingebracht hatte und das Verfahren führte. „Trotz klarer Erkenntnisse hat das Land erneut zum Nachteil der Allgemeinheit gehandelt“, kritisierte Brugger. Seit 1982 sage der Verfassungsgerichtshof immer das Gleiche, aber selbst die schwarz-grüne Landesregierung habe nicht alle Nachteile für die Gemeinden beseitigt.

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