„Brexit“ löst in Tirol Bestürzung aus

Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Bodenseer befürchtet durch den „Brexit“ Nachteile für Wirtschaft und Tourismus in Tirol. Der frühere EU-Kommissar Franz Fischler fordert eine Rückbesinnung auf eine europäische Gemeinsamkeit.

Die Entscheidung der Briten sei für die Wirtschaft insgesamt eine „schwere Watschn“, sagte der Tiroler Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Bodenseer Freitag früh gegenüber ORF Tirol, „das tut uns weh!“. Das Pfund werde sich nicht schnell erholen, die Exportbedingungen würden damit schwierig.

Wirtschaftsfaktor GB:

Tirol-Exporte: rund 300 Mio. €
Importe: rund 140 Mio. €
Außenhandelsüberschuss:
160 Mio. €
Übernachtungen aus GB (2015):
rund 1,7 Mio., damit hinter D, NL und CH viertwichtigstes Herkunftsland für Tiroler Tourismus.

(Quelle: Wirtschaftskammer)

Für die vielen englischen Gäste, die Tirol vor allem im Winter, aber auch im Sommer aufsuchen, so Bodenseer, werde der Urlaub wieder teurer, das werde der Tiroler Tourismus spüren.

Heimische Unternehmen könnten auf die neue Situation nur schwer reagieren, sagte der Wirtschaftskammerpräsident. „Die Preise sind überall an der Kante, im Export und im Tourismus. Da kann man nicht viel nachgeben. Es ist eine riesige Katastrophe meiner Meinung nach“. Er hoffe, dass der Gedanke an einen EU-Austritt nicht in anderen Ländern Schule mache.

Fischler: Gefahr für Handel mit United Kingdom

Auch der frühere Tiroler EU-Kommissar Franz Fischler zeigte sich im Interview bestürzt. „Es ist ein sehr trauriger Tag, dessen Konsequenzen wir jetzt wahrscheinlich noch als zu gering einschätzen. Es ist aber auch ein Tag, wo wir uns besinnen müssen, wie wir in Europa künftig miteinander umgehen wollen. Hier seien aber nicht nur die Institutionen in Brüssel gefragt, das geht uns alle an. Das geht vor allem die politischen Repräsentanten, die Regierung als Ganzes an.“

Für Tirol gebe es jetzt einige ganz klare Konsequenzen. Der Wertverlust des Pfunds schon freitagfrüh wirke sich auf den Tourismus aus, ein Urlaub in Tirol werde sehr viel teurer. „Die Briten sind wichtig für unseren Wintertourismus“, sagte Fischler. Man dürfe auch nicht unterschätzen, dass das United Kingdom die zweitgrößte Volkswirtschaft innerhalb der Union sei und sehr viele Produkte, Konsumgüter und Dienstleistungen vom Kontinent kaufe, so der frühere EU-Kommissar.

„Meine einzige Hoffnung ist, dass wir uns auf die Notwendigkeit eines subsidiären Europa verständigen und nicht auf ein zentralistisches Europa“, sagte Fischler. Notwendig sei, dass sich die Mitgliedsländer klar würden, dass nur ein Miteinander für jeden Staat in Europa eine Chance darstelle und nicht das Auseinandergehen. Fischler hält einen Rückfall in die Nationalismen für gefährlich - wirtschaftlich, politisch, gesellschaftlich. „So gesehen könnte man den heutigen Tag den „Tag der Besinnung“ nennen“, sagte der frühere EU-Kommissar.

Platter für mehr regionale Förderung

Tirols ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter zeigte sich schockiert und sprach vom Änderungsbedarf Europas. Der „aufgeblähte Apparat“ in Brüssel koste viel Geld und verursache unnötige Mehrarbeit. Die EU könne das große Regelwerk schreiben, solle dabei die Regionen unterstützen und in ihrer Arbeit stärken, anstatt sie daran zu hindern.

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