Warnung vor „zweitem Idomeni“ am Brenner

Der Fraktionschef der Konservativen im EU-Parlament, Manfred Weber, sprach sich in Südtirol gegen Grenzkontrollen am Brenner in der derzeitigen Lage aus. Er befürchtet ein „zweites Idomeni.“ Außenminister Kurz verteidigte den Plan erneut.

Weber (CSU) warnte angesichts der von Österreich angekündigten Grenzkontrollen vor einem „zweiten Idomeni“ am Brenner bzw. in Südtirol. Die Situation sei ernst, ein solches Szenario könne passieren, wenn die Grenze abgeriegelt werde, und es bei einer hohen Flüchtlingszahl zu einem Rückstau komme, meinte Weber am Montag vor Journalisten bei einem Lokalaugenschein vor Ort.

Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament richtete die Bitte an Österreich, die geplanten Maßnahmen nur dann anzuwenden, wenn eine „außerordentliche Situation“ vorliege . „Im Regelfall“ wie derzeit, in dem kein großer Anfall von Flüchtlingen am Brenner vorliege, dürfe es nicht zu Grenzkontrollen kommen. Noch dazu würden solche Kontrollen erst recht wieder zu Ausweichrouten führen. Man werde sich mit Österreich und Italien an einen Tisch setzen, kündigte der EVP-Fraktionschef an. Italien sei in Sachen Außengrenzschutz und Registrierung gefordert, aber auch Österreich müsse seine „Hausaufgabe machen“.

Karas fordert Zusammenarbeit ein

Begrüßt wurde der Besuch der EVP-Delegation vom österreichischen EU-Abgeordneten Othmar Karas (ÖVP). Nachdem die SPÖ-ÖVP Bundesregierung angesichts zahlreicher erwarteter Flüchtlinge die Schließung der Grenzen in Aussicht gestellt hatte, kritisiert Karas in einer Aussendung namentlich Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ). „Wer den Brenner dichtmachen will, hat nichts aus der Geschichte gelernt, weder aus der österreichischen noch der europäischen“, sagte Karas. „Zäune innerhalb Europas sind ein Zeichen gescheiterter Zusammenarbeit. Wenn alle Länder die gemeinsam getroffenen EU-Beschlüsse umsetzen und einhalten, braucht es keine Grenzbefestigungen innerhalb der EU“, erklärte Karas weiter. Gerade der Brenner sei nicht irgendeine Grenze in Europa. „Hundert Jahre österreichische Südtirolpolitik stehen auf dem Spiel“, betont Karas.

Außenminister verteidigt Maßnahmen am Brenner

Zur Aussage des ÖVP-Europaabgeordneten Othmar Karas, wer den Brenner dicht mache, habe aus der Geschichte nichts gelernt, sagte der Außenminister, in Österreich sei sehr viel Geschichtsbewusstsein vorhanden, „aber auch Realitätssinn. Niemand macht den Brenner dicht, wenn man Grenzkontrollen einführt. Es gibt weiterhin freien Personenverkehr, Warenverkehr - und ja, im Idealfall gibt’s nicht einmal Grenzkontrollen. Aber das liegt nicht nur an uns, sondern wenn man uns dazu zwingt, weil man uns in Österreich allein lässt, darf man sich nicht wundern, wenn so was notwendig wird“.

Kurz sagte, er werde „nach wie vor dafür kämpfen, dass es nicht notwendig ist, Grenzkontrollen einzuführen. Aber für Deutschland war es notwendig, Grenzkontrollen zu Österreich einzuführen, ich kann nicht ausschließen, dass es für uns notwendig sein wird, auch aktiv an der italienischen Grenze zu werden“.

Kurz pocht auf funktionierende Außengrenzen

Die Frage, ob es ihn nicht stören würde, wenn mitten in Tirol Kontrollposten stehen, beantwortete Kurz mit einer Gegenfrage: „Würde es Sie stören, wenn in diesem Jahr 250.000 Flüchtlinge in Österreich um Asyl ansuchen? - Meine Sorge ist das schon. Ich bin ein Verfechter Europas ohne Grenzen nach innen. Aber ich weiß gleichzeitig, dass das nur funktionieren kann, wenn es funktionierende Außengrenzen gibt.“ Er habe schon letztes Jahr gesagt, dass nicht einfach hunderttausende Flüchtlinge weitergewunken werden „nach dem Motto, hoffentlich bleiben sie nicht bei uns. Leider Gottes habe ich recht behalten. Ich glaube, in diesem Jahr wird es nicht anders sein. Wenn wir die Flüchtlingsströme nicht in den Griff bekommen, werden mehr und mehr Staaten Grenzkontrollen durchführen, wir werden nicht die einzigen sein“, so Kurz.

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