Heurige Grippe war schwerste seit langem

Die heurige Grippewelle ist eine der massivsten der vergangenen 15 Jahre gewesen. Laut Landessanitätsdirektion waren bis zu 28.000 Menschen erkrankt. Auffallend war ein Symptom: Enorme Schwäche zwang viele Patienten wörtlich „zu Boden".

Die heurige Grippewelle ist laut Anita Luckner-Hornischer von der Tiroler Landessanitätsdirektion deutlich schwerer verlaufen als die 2014. In den vergangenen 15 Jahren waren nur die Grippewellen 2001/02, 2008/09 und 2012/13 so heftig wie die 2015. Von einer „hohen Intensität“ einer Grippewelle spricht man, wenn eine überdurchschnittliche Zahl Erkrankter gemeldet ist.

Vergleich 2014/2015:

Vergleich Grippewelle 2015 und 2014
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„Zu schwach, um aufzustehen“

Die Symptome des heurigen Virus waren neben Gelenks- und Gliederschmerzen, Fieber über 38,5 Grad und Kopfschmerzen auch ein trockener Husten und eine ausgeprägte Mattigkeit. „Manche Menschen sind richtig in ihrer Wohnung am Boden gelegen und nicht mehr aufgekommen vor Schwäche“, berichtet Luckner-Hornischer. Dazu kam eine besonders lange Rekonvaleszenz-Zeit über mehrere Wochen, in der viele durch die Grippe geschwächte Menschen wieder andere Infekte aufgeschnappt haben.

Kinder treiben Grippewelle an

Von den 25.000 bis 28.000 Tirolerinnen und Tirolern, die sich heuer mit Grippe angesteckt haben, sind die größte Gruppe - nämlich die Hälfte - Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre. Sie gelten als „Motoren“ einer Grippewelle, weil sie sich durch die körperliche Nähe in Schulklassen und Kindergärten „gut anstecken können“, heißt es in der Landessanitätsdirektion. Zu Hause geben sie die Krankheit dann an Eltern, Großeltern und Geschwister weiter. Dementsprechend schlugen sich die Semesterferien in Tirol mit einem leichten Rückgang der gemeldeten Grippekranken nieder.

Diagnose von Grippe oder Influenza-like illness (ILI):

Wöchentliche ILI-Inzidenz per Altersgruppe

Landessanitätsdirektion

Ab Jahresbeginn stieg die Zahl der erkrankten Kleinkinder (blaue Linie) rapid an, der Höhepunkt war Mitte bis Ende Februar.

Ein Viertel der Betroffenen waren Erwerbstätige, ein Viertel ältere Menschen ab 65 Jahren und kleine Kinder bis vier. Für die beiden letzten Gruppen sind Komplikationen durch Grippe und influenzaähnliche Erkrankungen am gefährlichsten. Auch heuer brachten Hirnstörungen, schwere Atemprobleme und Lungenentzündungen viele Patienten an die Intensivstation der Klinik Innsbruck. Da Influenza nicht meldepflichtig ist, gibt es darüber allerdings keine dokumentierten Zahlen.

Behörde bestimmt Anfang und Ende

Amtlich ausgerufen wurde die Grippewelle vom Institut für Virologie laut Luckner-Hornischer am 29. Jänner und am 30. März für beendet erklärt. Eine Konsequenz dieser amtlichen Ausrufung ist, dass das Grippemittel Tamiflu leichter – ohne Chefarztgenehmigung der Gebietskrankenkasse – erhältlich ist. Bei steigender Zahl der Erkrankten fällt für diese damit eine bürokratische Hürde weg. In Tirol war die Epidemie laut Landessanitätsdirektion schon zwei Wochen vor der offiziellen Bekanntgabe spürbar.

Ärztin: „Impfen, um Risikogruppen zu schützen“

Anita Luckner-Hornischer plädiert für die Grippe-Impfung, auch wenn heuer einer der drei Bestandteile des Impfstoffs nicht gegriffen hat. „Geimpfte bringen vor allem jene Menschen nicht in Gefahr, für die eine Influenza wirklich sehr gefährlich verlaufen kann, nämlich ältere Menschen und Kleinkinder.“ Vor allem die Impfung von Schulkindern könnte, so Luckner-Hornischer, der Grippe die Dynamik nehmen. Das gelte auch für den Fall, dass der Impfstoff wie dieses Jahr nicht exakt passt - mehr dazu in Grippewelle: Impfstoff wirkt heuer nicht (salzburg.ORF.at, 30.1.2015).

Laut einer AGES-Studie sterben jährlich 1.000 Menschen in Österreich an den Folgen einer Grippe, die damit die Infektionskrankheit mit den meisten Toten ist. „Impfen würde die Intensität der Grippewelle reduzieren“, ist Luckner-Hornischer überzeugt. In Tirol sind nach ihrer Schätzung weniger als zehn Prozent der Menschen geimpft, teils, weil nach wie vor Mythen wirken, dass die Grippe-Impfung „erst recht krank mache“, teils, weil geimpfte Patienten irrtümlicherweise glauben, die Impfung bekämpfe alle Viren, und dann enttäuscht sind, wenn sie doch einen Schnupfen oder sonst etwas bekommen.

Ulrike Finkenstedt, tirol.ORF.at