Höchstgericht mischt Karten für Kaunertal neu

Das VwGH-Urteil über die Nutzung der Gurgler Ache hat politische Reaktionen ausgelöst. Die Höchstrichter geben der Gemeinde Sölden Vorrang vor der TIWAG. Landeshauptmann Günther Platter will eine einvernehmliche Lösung, Söldens Bürgermeister lehnt sich zurück. Die Grünen sehen sich bestätigt.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat im Wettstreit zwischen Sölden und dem Landesenergieversorger jetzt der Ötztaler Gemeinde den Vorrang eingeräumt. Sölden will die Gurgler Ache für ein lokales Kraftwerk nützen. Die TIWAG, die die Gurgler Ache als Zulieferbach für das Kraftwerk Kaunertal braucht, hält an dem Großprojekt fest, obwohl sie den Streit mit Sölden jetzt auch beim VwGH in Wien verloren hat.

Jahrelange Vorgeschichte

Der Streit um das Wasser der Gurgler Ache im hinteren Ötztal tobt schon seit mehreren Jahren. Die TIWAG braucht das Wasser für den Milliardenausbau des Kraftwerks Kaunertal. Es soll mittels Stollen ins Nachbartal übergeleitet werden. Aber auch die Gemeinde Sölden plant ein eigenes Kleinkraftwerk. Die Gemeinde braucht das Wasser im eigenen Tal und will damit Strom erzeugen.

Verfahren entscheiden über die zwei Projekte

Da beide Projekte gleichzeitig nicht gehen, kam es zum sogenannten „Widerstreitverfahren“. Dabei wird festgestellt, welches Projekt das bessere ist. Das Umweltministerium gab der Gemeinde Sölden Recht, da die TIWAG ein Projekt präsentierte, das dem Ministerium zu wenig bestimmt und zu ungenau war. Dagegen erhob die TIWAG als Rechtsmittel Revision beim Verwaltungsgerichtshof, die nun abgewiesen wurde.

Sölden: „Haben die Nase vorn“

Der Söldener Bürgermeister Ernst Schöpf hat die VwGH-Entscheidung gelassen zur Kenntnis genommen. „Das bedeutet, dass wir im Zusammenhang mit der Nutzung der Gurgler Ache jedenfalls die Nase vorne haben, weil wir ein Projekt haben“, so Schöpf. Sölden werde die anstehenden Verfahren – hier sei man schon mitten drin - weiter forcieren, um eine Genehmigung zu erhalten. Sollte diese nicht erteilt werden, werde „man miteinander reden müssen“, so Schöpf im ORF-Gespräch. „Als Realist muss man wissen, und die TIWAG wird auch wissen, dass wenn die Gemeinde Sölden nicht will, dann leitet sie kein Wasser irgendwohin.“

Umgekehrt seien auch die Verfechter des lokalen Kraftwerks Realisten, die wüssten, dass der Verfahrensweg sehr lang ist und dass eine gemeinsame Lösung unter Umständen durchaus sinnvoller wäre.

TIWAG-Chef sieht Projekt nicht gefährdet

TIWAG-Chef Bruno Wallnöfer sieht die Entscheidung des Höchstgerichts nicht als „Beinbruch“, wie er sagt. Mittlerweile gebe es den wasserwirtschaftlichen Rahmenplan Tiroler Oberland, der dem Ausbau des Kraftwerks Kaunertal ein öffentliches Interesse zuerkenne. Somit sei das Großprojekt nicht gefährdet, meint Wallnöfer.

Platter: TIWAG soll mit Sölden verhandeln

In einer Reaktion forderte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) die TIWAG zu einer einvernehmlichen Lösung auf. Nach der Ablehnung der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof sei jetzt die TIWAG am Zug. Diese soll „so rasch wie möglich Gespräche mit der Gemeinde Sölden aufnehmen, und zwar mit dem Ziel, eine einvernehmliche Lösung zustande zu bringen“, so der Landeshauptmann in einer Aussendung. Die Erweiterung des Kraftwerks Kaunertal, für die Wasser der Gurgler Ache benötigt werde, sei für die Energiewende in Tirol wichtig, so Platter weiter.

Grüne: Diskussion muss neu geführt werden

Die Tiroler Grünen sehen ihre kritische Haltung durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zum Kraftwerk Kaunertal bestätigt. Für Klubobmann Gebi Mair ergibt sich eine Neubewertung im Umgang mit den Ötztaler Bächen. „Das Kraftwerk Kaunertal ist mit diesem Erkenntnis höchstrichterlich nicht realisierbar. Das bedeutet neu darüber nachzudenken, ob das Wasser des Ötztales energiewirtschaftlich genutzt werden soll oder ob die Bedeutung der frei fließenden Gletscherbäche überwiegt“, so Mair in einer Aussendung.

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