Lehrer-Proteste an den Schulen

Am Donnerstag fanden in Gymnasien und berufsbildenden Höheren Schulen Dienststellenversammlungen statt. Mit diesem Protest wollen die Pädagogen auf das geplante Lehrerdienstrecht aufmerksam machen, das in den Augen der Lehrer vor allem weniger Qualität bringe.

Es gehe in erster Linie nicht darum, dass Pädagogen mit dem neuen Lehrerdienstrecht mehr Stunden im Klassenzimmer verbringen müssten, so Lehrer der Handelsakademie Innsbruck: „Ich habe schon jetzt 200 Schüler zu unterrichten. Wie will ich, wenn ich jetzt schon 200 Individuen vor mir habe, einen individuellen Unterricht machen. Und wenn wir noch mehr unterrichten müssen, haben wir noch mehr Schüler zu betreuen.“

Lehrer sitzen in Raum mit Rücken zur Kamera

ORF

Auch am Gymnasium Adolf-Pichler-Platz in Innsbruck wurde eine Versammlung abgehalten.

Können nicht alles unterrichten

Ein anderer Pädagoge meinte, dass mit dem neuen Dienstrecht ein Bachelor-Absolvent bereits beginnen könne zu unterrichten. „Eine Praxis ist keine Voraussetzung mehr, um in einer HAK zu unterrichten. Und die neuen Kollegen werden länger arbeiten müssen und können sich weniger um die Schüler kümmern. Das heißt, die Qualität wird sinken.“ Es sei auch nicht möglich, sind sich die Pädagogen einig, dass man sich in allen Fächern so breit aufstelle, dass man jederzeit alle Fächer unterrichten könne. Am Mittwoch hat die Lehrergewerkschaft der AHS und BHS ihren Protest im Vorfeld formuliert - mehr dazu in Tirols Lehrergewerkschaft zu Protesten.

Viele Lehrer fühlen sich als „Buhmänner der Nation“ und wollten sich öffentlich nicht äußern. Die Lehrer bekommen jedenfalls breite Unterstützung von Elternvertertern. Auch Schüler-und Studentevertereter sind gegen das neue Dienstrecht. Eine Initiative von Innsbrucker Lehramtsstudierenden hat aus diesem Anlass ein Video produziert und auf Youtube veröffentlich - zum Video. Ob die Lehrerversammlungen in der Frage noch etwas bewegen können, wird sich zeigen. Viele Lehrer glauben allerdings nicht mehr daran.

Streitpunkte Gehalt und Arbeitszeit

Beim Ringen um ein neues Lehrerdienstrecht geht es vor allem um die klassischen Streitpunkte Gehalt und Arbeitszeit. Daneben schwingen aber auch noch andere Punkte mit: So sträubt sich die Gewerkschaft etwa gegen den Plan, dass künftig Lehrer auch vorübergehend fachfremde Gegenstände unterrichten sollen. Im Anschluss eine Übersicht über die wichtigsten Streitpunkte:

Unterrichtszeit: Ab 2019/20 sollen alle neu eintretenden Lehrer verpflichtend 24 Stunden pro Woche unterrichten, wobei darunter auch Lernzeiten bei der Tagesbetreuung fallen. Klassenvorstände bzw. Mentoren ersparen sich eine Stunde, außerdem sollen auch Betreuungs-und Beratungsstunden als Abschlagsstunden gelten. Insgesamt kann man durch diese Tätigkeiten zwei Wochenstunden Unterricht ersetzen, bleiben mindestens 22 Stunden klassischer Unterricht.

Derzeit müssen Lehrer an Pflichtschulen (Volks-, Haupt-, Sonderschulen etc.) 20 bis 22 Wochenstunden unterrichten. An Bundesschulen (AHS, berufsbildenden mittleren und höheren Schulen/BMHS) sind es 20, wobei Lehrer hier durch eine unterschiedliche Bewertung von Schularbeits- und weniger betreuungsintensiven Fächern de facto zwischen 17 und 22 Stunden in der Klasse stehen. Bundesschullehrer, vor allem jene in betreuungsintensiven Fächern, wären von der höheren Arbeitszeit also überproportional stark betroffen.

Gehalt: Das Regierungsmodell sieht für alle Lehrer ein Einstiegsgehalt von 2.420 Euro brutto (Bundeslehrer derzeit: rund 2.220 Euro; Landeslehrer: 2.025) und sieben anstelle der derzeit 17 bis 18 Gehaltssprünge vor, das Höchstgehalt nach 39 Jahren beträgt 4.330 Euro (Bundeslehrer derzeit 5.140 Euro; Landeslehrer: 4.500 Euro). Anders als bisher sollen die Lehrer ab der AHS-Unterstufe bzw. Hauptschule/Neue Mittelschule je nach unterrichtetem Fach außerdem Zulagen (monatlich bis zu 36 Euro pro Wochenstunde) erhalten. Extra Geld ist auch für „Spezialfunktionen“ wie Bildungs-und Schülerberatung oder Berufsorientierung vorgesehen.

Vor allem die AHS- und BMHS-Lehrer rechnen - anders als die Regierung - zum Teil mit hohen Verlusten beim Lebensverdienst. Pflichtschullehrer verlieren zwar kein Geld, brauchen aber durch die neue Lehrerausbildung mit verpflichtendem Master de facto doppelt so lang für ihr Studium wie bisher und wollen das auch abgegolten haben.

Ausbildungsqualität: Lehrer sollen schon nach Abschluss des Bachelor-Studiums auch an AHS und BMHS unterrichten dürfen. Derzeit ist dafür der Abschluss eines (etwas längeren) Magisterstudiums nötig. Das ist vor allem den AHS- und BMHS-Gewerkschaftern ein Dorn im Auge. Zwar sind die Bachelor-Lehrer verpflichtet, innerhalb von fünf Jahren ihren Masterabschluss nachzuholen - widrigenfalls droht die Kündigung. Allerdings ist diese nur ein Recht des Dienstgebers: Dieser könnte darauf verzichten und so die eigentliche Notwendigkeit eines Masterabschluss umgehen.

Unterricht in fachfremden Gegenständen: Der Entwurf sieht vor, dass Lehrer künftig vorübergehend aus wichtigen Gründen auch Fächer unterrichten dürfen, für die sie nicht lehrbefähigt sind. Das ist derzeit zwar schon in Haupt- und Neuen Mittelschulen Usus, wird aber trotzdem von der Gewerkschaft abgelehnt.