Schützen untersuchen Rolle in NS-Zeit

Tirols Schützen lassen ihre Vergangenheit aufarbeiten. Das kündigte der Bund der Tiroler Schützenkompanien am Donnerstag in Innsbruck an. Ein dreijähriges Forschungsprojekt wird sich mit der Rolle der Schützen in der NS-Zeit auseinandersetzen.

Einzelne historische Abhandlungen über die Schützen in der Nazi-Zeit gibt es schon. Es existieren viele Fotos und sogar Filmaufnahmen von Paradeschützen vor Hakenkreuzfahnen, die Bilder wurden damals zu Propagandazwecken aufgenommen und sind bis heute in den Köpfen vieler Menschen.

Fritz Tiefenthaler

ORF

Fritz Tiefenthaler

„Wollen Klarheit schaffen“

Aber stimmen diese Bilder mit der Wahrheit überein? Tirols Schützen könnten es selbst nicht sagen und wollten deshalb Klarheit schaffen, sagte Fritz Tiefenthaler, der Landeskommandant der Tiroler Schützen. Man wolle herausfinden, ob die Leute freiwillig oder unter Druck an solchen Veranstaltungen teilnahmen. Man wolle mit der Geschichte Frieden schließen, Sicherheit haben und damit in die Zukunft gehen. Es gebe auch das Risiko, dass dabei unangenehme Wahrheiten herauskommen, so Tiefenthaler, die Wahrheit sei aber wichtiger als Gerüchte.

Michael Forcher

ORF

Michael Forcher

Ergebnis „ist völlig offen“

Der Historiker und Publizist Michael Forcher übernahm den Forschungsauftrag. Der Ausgang der Arbeit sei völlig offen. Da man sehr wenig wisse, könne alles herauskommen. „Ich erwarte mir insgesamt keine Sensationen, sondern ganz einfach ein genaues und begründetes Wissen“, sagte Forcher. Er erwarte sich auch interessante Geschichten und Schicksale, sagte der Wissenschaftler.

Man könne neue Helden des Widerstands entdecken, man könne aber auch entdecken, dass es unter den Schützen mehr Aktive in der Partei gegeben habe als in der übrigen Bevölkerung. Alles sei möglich. Selbst wenn herauskomme, dass bei den Schützen alles gleich war wie bei der restlichen Bevölkerung, sei es wichtig, dazu Fakten und Zahlen zu haben. Ergebnisse sollen spätestens in drei Jahren vorliegen, denn die Aufarbeitung mit Zeitzeugen und Archivmaterial ist entsprechend umfangreich. Im Jahr 2015 soll dann ein Buch über das Tiroler Schützenwesen in der NS-Zeit erscheinen.

Projekt wird vom Land gefördert

Forcher kündigte an, dass er unter anderem im Tiroler Landesarchiv, im Österreichischen Staatsarchiv in Wien, im Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, im deutschen Bundesarchiv Koblenz und im Bayerischen Staatsarchiv in München recherchieren werde. Das Land Tirol habe dem Bund der Tiroler Schützenkompanien eine Förderung des Projektes zugesichert, ergänzte Tiefenthaler. Derzeit sei man zudem noch auf der Suche nach privaten Sponsoren, um das Buch letztlich in Auftrag geben zu können.

Vereinigungen von Hitler verboten

Das Schützenwesen blickt in Tirol auf eine jahrhundertelange Tradition zurück. Während des Zweiten Weltkriegs wurden alle Vereinigungen von Adolf Hitler verboten, nach Ende des Krieges erlebten die Schützen aber eine Renaissance. 1950 erfolgte dann die Gründung des Bundes der Tiroler Schützenkompanien, 1995 wurde der Dachverband des Gesamttiroler Schützenbundes ins Leben gerufen. In ihm sind die Schützenkompanien des historischen Tirol, also des heutigen Bundeslandes Tirol, Südtirols und des Trentino, vereinigt.