Unbezahlte Arbeit von Heimkindern?

Ehemalige Heimkinder der Landeserziehungsanstalt St. Martin in Schwaz berichten in der Tageszeitung „Kurier“, dass sie in den 60er Jahren für die Firma Swarovski arbeiten mussten. Geld sahen sie dafür kaum. Swarovski kündigte an, den Sachverhalt lückenlos klären zu wollen.

Ehemalige Heimbewohnerinnen berichten, dass sie Ende der 60er Jahre Kristalle auf Bänder aufbringen mussten. Es sei „Akkordarbeit“ gewesen, „viele Mädchen hätten Probleme mit den Handgelenken gehabt“, werden die Frauen zitiert. Von Entlohnung wüssten sie nichts, es seien maximal einige Groschen gewesen. Eine Frau vermutet, dass Swarovski dafür bezahlt habe. Das Geld sei aber bei den Mädchen nicht angekommen.

„Keine Unterlagen“

Nach über 40 Jahren gebe es dazu keine Unterlagen mehr. „Wenn Swarovski in einem Kinderheim fertigen ließ, dann sicher im guten Glauben, dass das Geld an die Kinder weitergeleitet wird“, sagte Sprecherin Bianca Henderson im „Kurier“.

Auch für das Land Tirol waren diese Schilderungen bisher unbekannt. In mehreren Gesprächen mit früheren Heimkindern aus St. Martin sei das nie zur Sprache gekommen, sagte Manfred Jennewein vom Büro des zuständigen Landesrates Gerhard Reheis (SPÖ). Es sei lediglich bekannt gewesen, dass Heimkinder in der Wäscherei gearbeitet hätten. Dass Geld vorenthalten worden sei, hört Jennewein in diesem Zusammenhang zum ersten Mal. Fehlende Bezahlung sei nie ein Thema in diesen Gesprächen gewesen. Man müsse schauen, welche Akten es noch gibt. Er bittet Betroffene, sich zu melden, damit die Fälle geprüft werden können.

Swarovski-Sprecher kündigt umfassende Prüfung an

Der Sprecher der Geschäftsführung von Swarovski, Markus Langes-Swarovski, sagte am Mittwoch in einer Reaktion auf die Berichte, man stehe zur Vergangenheit und arbeite diese selbstverständlich lückenlos auf. In enger Abstimmung mit dem Land Tirol und den zuständigen Abteilungen im Landhaus strebe man eine vollständige Klärung des Sachverhalts an. „Alles, was wir zu einer Klärung beitragen können, werden wir auch tun. Wir sind ein Tiroler Familienunternehmen, das sich seiner Verantwortung bewusst ist und auch immer war. Deshalb gilt auch hier für uns volle Transparenz.“

Langes-Swarovski sagte außerdem, er habe bislang nichts von derartigen Vorwürfen gewusst und es mache ihn äußerst betroffen. Weder intensive interne Recherchen noch Nachfragen bei den Zuständigen des Landes Tirol hätten bislang Hinweise in diese Richtung liefern können. Er werde am Donnerstag eine noch umfassendere Prüfung einleiten und einen unabhängigen Historiker mit der Recherche beauftragen. Außerdem wolle er zu den betroffenen Frauen so schnell wie möglich Kontakt aufnehmen.