Musikpavillon mit Misstönen
Wie soll Innichen seinen historischen Pflegplatz in die Gegenwart hieven, und welche örtlichen Besonderheiten können da hilfreich sein? Wasser, Stein und Geschichte lautete damals die Antwort, die sich nun in einem fast monolithischen Betonbau manifestiert. Das Modell hat System: Da wären der steinerne Boden der Fußgängerzone, das Wasser als gestalterisches Element und mittendrin auf dem Kreuzungspunkt zweier historischer Linien (Via Claudia Augusta trifft Via Julia Augusta) der neu erbaute Musikpavillon.
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„Weniger wuchtig wäre mehr“
Im Gemeinderat war man von diesem Konzept offenbar begeistert. Das Projekt wurde bei einem öffentlichen Ideenwettbewerb aus 32 Einsendungen von einer fünfköpfigen Jury – bestehend aus Bürgermeisterin und renommierten Architekten – als bestes Modell ausgewählt. 17 von 18 Mitgliedern des Gemeinderates gaben dem Projekt ihre Ja-Stimme – sehr zum Leidwesen vieler Einheimischer und Touristen.
Seit der Bau konkrete Umrisse angenommen hat, sind viele entsetzt. Auch der Präsident des lokalen Tourismusvereins, Dieter Wurmböck, kann die Entscheidung des Gemeinderats nicht nachvollziehen. Man hätte mit einem anderen Material als Beton bauen sollen, „Glas oder Holz wären besser gewesen und etwas weniger wuchtig.“
Gut für die Akustik
Kapellmeister Korbinian Hofmann sieht das weniger eng. Er ist mehr am Innenleben des Musikpavillons interessiert, das heißt an der guten Akustik und diese sei mit der geplanten Holzverkleidung innen ab Herbst gewährleistet. Der Bau soll dann mit verschiedenen Veranstaltungen und Konzerten der Musikkapelle dem Platz neues Leben einhauchen.
Doch diese Argumente stoßen bei vielen auf taube Ohren. Der Bau nehme dem Ort die ganze Schönheit und man werde sich einen erneuten Besuch in Innichen überlegen, heißt es da von Gästen. Auch die Einheimischen finden kaum positive Worte für das Stück moderner Architektur. Man verstehe nicht, wie man diesen Bau genehmigen habe können.
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Neue Wahrnehmung durch Umgestaltung
Bürgermeisterin Rosmarie Burgmann sieht aber gerade das Umfeld als schlagendes Argument für den Bau. „Ich bin überzeugt, dass durch die Umgestaltung des Platzes die Stiftskirche und die Michaelskirche neu zur Geltung kommen und sich neu präsentieren können.“ Immerhin sei die Stiftskirche die größte romanische Kirche im Ostalpenraum.
Zudem sei ihr klar gewesen, dass der markante Bau Kritik auslösen würde. „Auch bei der Fußgängerzone hat es damals großen Widerstand gegeben,“ räumt sie ein, nun sei da nichts mehr zu hören. Mit so viel Gegenwind und Medienecho hat Burgmann allerdings nicht gerechnet. Sie hofft aber, dass sich die Gemüter nach der Fertigstellung des Baus wieder etwas abkühlen werden. Die Holzverkleidung soll es richten. Am 1. Jänner sollen Platz und Musikpavillon dann eingeweiht werden, pünktlich zur 1.250 Jahr-Feier von Innichen – mit oder ohne Misstönen.
Julia Ecker, tirol.ORF.at