Die Geschichte des Südtiroler Törggelen
Das Törggelen in Südtirol entstammt dem alten Brauch der Bauern und Weinhändler, zwischen dem letzten Wochenende im September und dem Beginn der Adventszeit den jungen Wein zu verkosten. Der Name des Brauchs leitet sich von der Torggel (lat.: „torquere" - pressen, drehen usw.) ab, der Traubenpresse im Kelterraum. Das Wort (lat.) „Torculum" heißt so viel wie Kelter - auf südtirolerisch „Torggl“.
Tauschhandel oder Geschenk?
Das Eisacktal gilt als Ursprungsgebiet, eine Zone, die gar nicht so viel Wein produziert. Folgender Erklärungsversuch über den Ursprung des Törggelen klingt plausibel: Eisacktaler Bauern, die Wein anbauten und ihre Tiere auf die Weiden der Bergbauern schickten, revanchierten sich mit einem herbstlichen Bauernschmaus und dem neuen Wein: Törggelen als Abschluss eines Tauschhandels. Zum Kosten des neuen Weines stieg man in den Kelterraum, jenen Raum, in dem die Weinpresse, die „Torggl", stand. Zur geselligen Runde hat man sich dann in die Stube gesetzt.
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Ein anderer Erklärungsversuch ist, dass zu früheren Zeiten den Erntehelfern nach getaner Arbeit als Dank ein großes Festessen zubereitet wurde. Aus diesem Brauch ist im Lauf der Jahre ein äußerst lukratives Tourismusangebot geworden.
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Das Erlebnis Österreich „Die Geschichte des Südtiroler Törggelen“ zeigt, wie geschickt oder weniger geschickt das Törggelen vermarktet wird. In der ursprünglich ruhigen Herbstzeit wurde eine Nische entdeckt, die im Eisacktal zur wichtigsten Zeit geworden ist. Dazu trägt auch die Kastanienernte bei.
Die Präsenz der Kastanie im Alpengebiet ist bis in die Vorrömerzeit bekannt. Erste Nachweise über den Beginn der Kastanienkultur in Südtirol gehen auf die Langobarden um 600 zurück. Der wichtiger werdende Weinbau im Mittelalter führte bald zu einem wachsenden Kastanienholzbedarf.
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Sendungshinweis:
„Die Geschichte des Südtiroler Törggelen - eine kulinarische Spurensuche im südlichen Eisacktal“. Erlebnis Österreich. Sonntag, 13. September 2015, 16.25 Uhr. ORF 2
Eine Produktion des ORF Landesstudio Tirol
Die Verbreitung und Aufwertung der Kastanie ist jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit den Klöstern zuzuschreiben. Die „Kestn-„ bzw. „Fiseilnsupp", eine Suppe aus Kastanien und Bohnen, war als Fastenspeise in Klosterküchen bekannt und beliebt. Die bajuwarischen Prälaten Klöster besaßen im Mittelalter ausgedehnte Weingüter in Südtirol und produzierten sowohl Messwein als auch, Zechwein’. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die kulinarisch aufgeschlossenen Benediktiner bald die Affinität von gebratenen Kastanien und jungem Wein entdeckten.
Kommerzielle Ausschlachtung
Das Törggelen wurde in den letzten 40 Jahren von sämtlichen Wirtschaftszweigen kommerziell ausgeschlachtet. Törggele-Kurzreisen werden von großen Reiseunternehmen vor allem in Deutschland und Österreich angeboten. Das führte zu einem Boom, dem die traditionellen Gast- und Bauernhöfe nicht mehr Herr wurden. Ein sogenanntes „industrielles Törggelen“ machte sich breit.
Getörggelt wurde und wird auch in Gebieten, in denen weder Wein noch Kastanien gedeihen und wo nichts Eigenständiges angeboten wird. Doch die Touristiker haben verstanden, dass diese Form wenig Nachhaltigkeit hat. Der Bauernbund und die Südtirol Marketing Gesellschaft besinnen sich wieder des ursprünglichen Törggelen und leisten große Aufklärungsarbeit. Der Tourismusverein Klausen organisiert schon seit einigen Jahren die Themen Wochen „“Keschtnigl“.
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Hartwig Mumelter und sein Team beschäftigen sich in ihrer kulinarischen und touristischen Dokumentation mit diesen vielfältigen Aspekten. Der Reiz der schönen Landschaften trägt zusätzlich zum Südtiroler Seh-Genuss bei.