Entführte Kinder bleiben vorerst in Tunesien

Die vor über einer Woche aus Bozen verschwundenen Kinder wurden von ihrem Vater nach Tunesien gebracht. Die verzweifelte Mutter hat wenig Chancen, sie in nächster Zeit wieder zu sehen.

Seit dem Wochenende gibt es wenigstens die Gewissheit, dass die Kinder noch leben. Die beiden sind mit ihrem Vater in seinem Herkunftsland Tunesien. Der Mann hat sich telefonisch gemeldet. Die 28-jährige Mutter konnte kurz selbst mit der zweijährigen Tochter und dem vierjährigen Sohn sprechen.

Rosa mezzina

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Rosa Mezzina hat Angst, ihre Kinder nicht wieder zu bekommen

Das Schicksal der beiden Kinder aus Bozen und ihrer verzweifelten Mutter hält seit über einer Woche ganz Italien in Atem. Alle Medien haben über das Verschwinden berichtet, im Internet kursierten tausende Aufrufe, nach den Kindern Ausschau zu halten. Denn seit dem 22. April fehlte von ihnen jede Spur.

Von langer Hand geplant

Der Vater war mit den beiden Kindern Richtung Süden gefahren, in Verona verließ er die Autobahn. Das war das letzte Lebenszeichen der drei. Wie sich jetzt herausstellte, hatte der Mann alles bereits von langer Hand geplant.

Am 19. April war ihm vom tunesischen Konsulat in Mailand ein Pass ausgestellt worden, auf dem auch die beiden Kinder mit eingetragen wurden. In Italien wäre das ohne das Einverständnis beider Erziehungsberechtigten nicht möglich.

Kinder

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Unerträgliches Warten auf die beiden Kleinkinder

Mit diesem Dokument ist ihm die Ausreise gelungen, obwohl die Sicherheitsbehörden an allen Flug- und Fährhäfen über die entführten Kinder hätten Bescheid wissen müssen. Kinder ohne Einverständnis dem anderen Elternteil zu entziehen, gilt in Italien als Straftatbestand der Kindesentführung. In Italien würden dem Mann bis zu drei Jahren Haft drohen.

Kein Abkommen mit Tunesien

Jetzt, wo die Kinder in Tunesien sind, greift die italienische Justiz aber nicht. Die Mutter hat nun eine auf solche Fälle spezialisierte Anwaltskanzlei beauftragt. Da Tunesien das Haager Übereinkommen zur internationalen Kindesentführung nicht unterschrieben hat, wird es ein langer und harter Kampf für die Mutter Rosa Mezzina, ihre Kinder wiederzubekommen. Doch der Familie fehlen die finanziellen Mittel für langwierige juristische und bürokratische Auseinandersetzungen.

Verzweifelte Familie

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Großmutter, Mutter und Onkel sehen sich immer wieder Kinderfotos an

Deshalb wollen Mutter und Großmutter der beiden Kinder versuchen, den Kindsvater zur Vernunft zu bringen und eine gütliche Lösung finden.

Das wichtigste sei das Wohl der Kinder, sagt auch die Südtiroler Kinder- und Jugendanwältin Paula Maria Ladstätter. Doch auch sie befürchtet einen harten und langen Kampf um die Kinder, denn das tunesische Recht räume dem Vater eine übergeordnete Rolle ein.

Jugendanwältin

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Kinder- und Jugendanwältin Paula Maria Ladstätter

Die Mutter, Rosa Mezzina, ist mit ihren Kräften völlig am Ende. Sie schläft nicht, isst kaum. Das einzige, was sie noch aufrecht hält, ist die Hoffnung, dass ihre Kinder wieder anrufen könnten.

Ute Niederfriniger; tirol.ORF.at