Sprachkampf bis in den Kindergarten

Im Vorfeld der Südtiroler Landtagswahlen im Herbst wird der Kindergarten zum Wahlkampfthema. Die Südtiroler Freiheit etwa plakatiert „Vorrang für deutsche Kinder an deutschen Kindergärten“ und sorgt für empörte Reaktionen.

Die Südtiroler Kindergartenwelt ist zumindest auf dem Papier klar in drei Sprachen aufgeteilt: Deutsch, Italienisch und Ladinisch. Die Sprachgerenzen sind in der Praxis aber deutlich unschärfer. Italienischsprachige Kinder oder solche mit Migrationshintergrund können an deutschsprachigen Kindergärten angemeldet werden und umgekehrt.

Plakat Südtiroler Freiheit

ORF

Das sorgt immer wieder für eine hitzige politische Debatte. Diese spitzt sich im Vorfeld der Landtagswahlen im Herbst nun zu. Die Südtiroler Freiheit sieht in der Zahl anderssprachiger Kinder eine „Gefahr für den Schutz und den Fortbestand der deutschen Sprachgruppe“. Mit einer Plakataktion fordert sie eine Bevorzugung deutschsprachiger Kinder, spricht dabei aber von „deutschen“ Kindern und „deutschen“ Kindergärten.

„Völkische“ Wortwahl in der Kritik

Das sorgt für heftige Kritik vom Grünen Landtagsabgeordneten Hans Heiss. „Das Völkische ist in Südtirol zunehmend beheimatet“, sagt Heiss. „Eine solche Wortwahl spaltet die mehrsprachige Gesellschaft.“ Die Grünen kritisieren auch die Folgen eines Fünf-Punkte-Planes der Landesregierung, demnach andersprachige Kinder besser verteilt werden sollten. Demnach seien gemischtsprachige Eltern in Beratungsgesprächen „eingeschüchtert“ worden, um eine Einschreibung zu verhindern.

Zahlen-Chaos bei Angaben der Staatsbürgerschaft

Tatsächlich hat die Zahl der Kinder mit Nicht-EU-Staatsbürgerschaft in deutschsprachigen Kindergärten deutlich zugenommen. Davon betroffen sind vor allem Kindergärten in den Stadtgemeinden, südtirolweit liegt der Anteil hingegen bei elf Prozent.

Allerdings sind die Angaben mit Vorsicht zu behandeln. Wie ORF-Recherchen bereits im November 2017 zeigten, gibt es große Unterschiede in den Datenbanken der Schulen oder des Landes. Für einen Kindergarten in Bozen schwankt der Ausländeranteil zwischen zehn und 52 Prozent. Die Unterschiede dürften auf lückenhafte oder schlampige Angaben in meldeamtlichen Datenbanken zurückzuführen sein.

Rasche Lösung nicht in Sicht

Der Landtag hat zuletzt einen Antrag der Freiheitlichen angenommen, demzufolge die Muttersprache der Kinder erhoben werden soll. Dazu wird aber die Zustimmung der Datenschutzbehörde benötigt, die bei vergangenen Anfragen verweigert wurde. Eine gesetzliche Lösung ist ebenfalls heikel, da die freie Wahl der Schule oder des Kidnergartens in der italienischen Verfassung verankert ist. Eine einfache, rasche Lösung ist daher nicht in Sicht. Kompromisse für eine politische Lösung dürften im Hinblick auf die nahende Wahl ebenfalls unwahrscheinlich bleiben.

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