Südtirol: Polemik nach Wahlaufruf des Bischofs

Christen sollten gegen Populismus und Nationalismus stimmen, das steht im Wahlaufruf von Südtirols Bischof zu den italienischen Parlamentswahlen. Nicht nur die Freiheitlichen beklagen, dass sich die Kirche in die Politik einmische.

Kirche und Staat sind zu trennen, darüber sind sich der Bischof der Diözese Bozen-Brixen und Vertreter der verschiedensten Südtiroler Parteien eigentlich einig. Bischof Muser meint aber auch, dass die Kirche nicht unpolitisch und unparteiisch sein darf.

Deshalb hat Muser einen Wahlaufruf zur Parlamentswahl am 4. März veröffentlicht. Darin ruft er die Gläubigen auf, sich Gedanken über ihre Verantwortung für die Gesellschaft zu machen. „Vereinfachender Populismus, egoistischer Nationalismus oder kleinkarierter und oft falsch verstandener Patriotismus“ seien keine Antwort auf die Herausforderungen der Zeit. Ob eine Partei wählbar sei, sollten die Gläubigen anhand eines Zwölf-Fragen-Kataloges bewerten. In Frage elf heißt es dort etwa: „Steht die Partei mit ihren Exponenten für eine Gesellschaft, in der unterschiedliche Herkunft, Kultur und Religion als Bereicherung und nicht als Belastung gelebt werden?“

Bischof Ivo Muser beim Interview

ORF

Bischof Muser warnt vor Populismus, Nationalismus und Patriotismus

„Bischof schießt übers Ziel hinaus“

An diesen Aussagen und Fragen stören sich die Südtiroler Freiheitlichen, die SüdTiroler Freiheit und die BürgerUnion. Den Oppositionspolitikern sind die Äußerungen des geistlichen Würdenträgers eindeutig zu politisch. Andreas Leiter-Reber, Parteiobmann der Freiheitlichen, erklärt: „Der Bischof kann sich gerne zu den Wahlen äußern und zu einer hohen Wahlbeteiligung aufrufen, da teile ich seine Ansichten. Was ich nicht teilen kann, wenn sich die Kirche parteipolitisch einmischt, auch bei der Diskussion um die doppelte Staatsbürgerschaft. Der Bischof ist eindeutig über das Ziel hinausgeschossen.“

Vertreter der Freiheitlichen bei einer Pressekonferenz

ORF

Die Freiheitlichen kritisieren die politischen Aussagen des Bischofs

Andreas Pöder von BürgerUnion empfindet es als „mittelalterlich“, dass sich ein Bischof dermaßen in die Politik einbringe. Wie manch anderer ortet er sogar eine Wahlempfehlung hinter den Worten des geistlichen Würdenträgers. Dagegen verwehrt sich Muser: „Die Trennung von Staat und Kirche ist eine große Errungenschaft der Gesellschaft. Das steht nicht zur Diskussion, aber man soll nicht nur schimpfen, kritisieren oder schlecht reden, mir ist es wichtig einen Beitrag zu leisten.“

Bischof: „Werte der Gesellschaft“

Der Bischof kann die Kritik von Seiten einiger deutscher Oppositionsparteien an seinem Wahlaufruf nicht nachvollziehen. Er habe sich in seinem Fragenkatalog zu allgemeinen gesellschaftlichen Werten geäußert. Die Kirche sei ein Teil der Gesellschaft, so der Bischof und müsse deshalb ihren Beitrag leisten. Er würde sich nicht an politischen Programmen, sondern einzig am Evangelium orientieren.

Immer wieder bezieht Südtirols Bischof Ivo Muser Stellung zu aktuellen Fragen. Im Dezember 2017 hatte er die Diskussion um den österreichischen Doppelpass für Südtirol als überflüssig bezeichnet. Auch damals musste er geharnischte Kritik einstecken.

Link: