Überlebenskünstlerin ist Alge des Jahres
Klebsormidium-Algen sind etwa zehnmal dünner als ein Haar und fallen nur gehäuft als grüner Flaum auf kargem Boden auf. Andreas Holzinger von der Universität Innsbruck und Ulf Karsten von der Universität Rostock erforschen die Fähigkeiten dieser Algen, die sie vor dem Austrocknen und vor gefährlichen UV-Strahlen schützen.
Andreas Holzinger, Universität Innsbruck
Als Pionier besiedelt die Alge offene, saure bis neutrale Erd-, Stein-und Sandoberflächen wie Dünen, erkaltete Lava oder Erdrutsche. Sie ist sowohl in heißen Trockenwüsten als auch in den Eiswüsten der Arktis zu Hause. Die Alge kann zwischen leblos und Wiedererwachen hin- und herwechseln und schafft es dadurch Orte zu besiedeln, an denen meist keine andere Pflanze mehr wachsen kann.
Erwachen innerhalb weniger Minuten
Wenn ihnen das Wasser fehlt, können die Klebsormidium-Algen mehrere Monate zwischen Leben und Tod erstarren. In diesem Zustand zeigen sie keinerlei Lebensreaktionen mehr. Die Algen sind dann aber nicht tot, sondern erwachen innerhalb weniger Minuten wieder zum Leben, sobald die Umgebung feucht wird.
Andreas Holzinger, Universität Innsbruck
Schutz vor UV-Strahlung
Die von der Sektion Phykologie der Deutschen Botanischen Gesellschaft (DBG) zur Alge des Jahres gewählte Grünalge kann sich zudem vor UV-Strahlung schützen. Wie die Rostocker und Innsbrucker Teams erforschten, nehmen ringförmigen Moleküle im Zellinneren der Alge schädliche UV-Strahlung auf und geben diese Energie in Form von Wärme und Fluoreszenzleuchten wieder ab. So schützen sie das Erbgut in den Algenzellen.
Andreas Holzinger, Universität Innsbruck
Als schnell wachsender Boden-Besiedler ist Klebsormidium auch für die angewandte Forschung interessant. Die Alge lebt in Bodenkrusten, die als Haftgrund für Dünger wirken, sodass Moose, Farne und später auch Samenpflanzen an bisher unbewohnten Standorten siedeln können. Bodenkrusten werden daher heute bereits eingesetzt, um dem Voranschreiten der Wüste Einhalt zu gebieten und sie dienen auch australischen Rinderfarmern, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen und die Ansiedelung von Gräsern und anderen Pflanzen zu fördern.