Mit polnischem Führerschein zurück ans Steuer

Immer mehr Südtiroler machen in Polen ihren (zweiten) Führerschein. Den meisten wurde zuvor in Italien die Fahrerlaubnis wegen Trunkenheit am Steuer genommen. Es ist allerdings ein umstrittener Prozedere.

Ist der Führerschein erst einmal weg, ist es eine lange Prozedur, ihn wieder zu bekommen: Erneute Fahrprüfung, psychologische Tests, Blutproben. Einfacher geht es in Polen.

Autofahrer

ORF

In Polen zur Fahrprüfung

Aus Deutschland pilgern schon lange ehemalige Führerscheinbesitzer nach Osteuropa, um erneut eine Fahrerlaubis zu bekommen. Jetzt haben auch Südtiroler diese Möglichkeit für sich entdeckt. Und findige Unternehmer, wie ein Taxifahrer aus dem Pustertal, helfen ihnen dabei. Der Taxiunternehmer kutschiert rund ein Mal im Monat sieben bis acht Südtiroler nach Polen. Bei der Hinreise ist er stets der Einzige, der einen Führerschein hat. Bei der Rückfahrt - so das Versprechen - könnten alle fahren.

führerschein

ORF

Vom Alkolenker zum neuen Führerscheinbesitzer

Denn Polen hat sich längst auf diese lukrative Verdienstmöglichkeit eingestellt. Agenturen kümmern sich um alles Bürokratische, die Prüfung kann sogar auf Deutsch absolviert werden.

150 Südtiroler fahren „polnisch“

Über 150 Südtiroler haben mittlerweile einen polnischen Führerschein. Den meisten von ihnen wurde der italienische Fahrschein wegen Trunkenheit am Steuer genommen. Um sich die aufwendigen medizinischen und psychologischen Tests in Italien zu ersparen, verlegen sie zeitweise den Zweitwohnsitz nach Osteuropa und setzen sich in Polen in die Fahrschule.

Italiens Behörden akzeptieren jedoch ungern den fremden Führerschein. Immer wieder kommt es bei Straßenkontrollen zu Problemen. Einige Gerichtsverfahren sind anhängig. Immerhin wurde der italienische Führerschein den Autolenkern aus gutem Grund entzogen: Wer alkoholisiert fährt, hat auf der Straße nichts verloren.

Polizeikontrolle

ORF

Die Polizei ist skeptisch bei osteuropäischen Führerscheinen

Behörden fordern Gesetzeslücke zu schließen

Das Regierungskommissariat in Bozen teilt zur Rechtslage der polnischen Führerscheine folgendes mit: „Wir haben Rekurs eingelegt, denn es hat einen Grund, warum die Behörden jemandem den Führerschein nehmen und deshalb sollte das auch so bleiben, ohne irgendwelche Schleichwege. Wir hoffen, es kommt bald zu einem EU-weit geltenden Urteil, damit das Bestehen dieser Grauzone ein Ende hat.“

Führerschein

ORF

Alter „Lappen“ weg, ein neuer kostet 4.000 Euro

Wurde der Führerschein von den italienischen Behörden „eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen“, dann wird ein polnischer nicht anerkannt, erklärt ein Rechtsanwalt, der mehrere Klienten in dieser Angelegenheit berät. Hat Italien den Führerschein hingegen „widerrufen“, das heißt de facto annulliert, dann tut sich in der entsprechenden EU-Richtlinie eine Lücke auf, die findige Unternehmer und Führerscheinlose nutzen. Für etwa 4.000 Euro Spesen versprechen sie sich einen neuen „Lappen“.

Ute Niederfriniger, tirol.ORF.at