Insekten gegen den Welthunger?

Ob Mehlwürmer, Kakerlaken oder Heuschrecken: Seit 1. Jänner 2018 ist in der EU der Verkauf und Verzehr von eiweißhaltigen Insekten erlaubt. Das ist als Beitrag zur Eindämmung des Welthungers gedacht. Experten sind skeptisch.

Eine Made oder eine Heuschrecke zu verspeisen war bisher vielleicht eine Mutprobe für westliche Touristen in Afrika oder Asien. Jetzt dürfen die Krabbeltiere auch in Europa serviert werden. Zu Jahresbeginn ist die neue EU-Nahrungsmittelverordnung in Kraft getreten. Mit der Zulassung von Insekten als Speisen folgt die EU dem Ansinnen der UN-Ernährungsorganisation FAO, den Welthunger einzudämmen.

Pfanne mit Insekten, Tomaten, Lauch, die gerade umgerührt werden

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Mit Insekten will die UNO den Welthunger bekämpfen

Nahrhaft, umweltfreundlich, aber für viele eklig

Insekten gelten als nahrhaft und gesund. Die Wanderheuschrecke etwa, die in Asien und Afrika als Delikatesse gilt, enthält neben Proteinen auch Folsäure und Eisen. Grillen und Heuschrecken sind völlig fettarm. Trotzdem glaubt der Koch Norbert Kostner nicht, dass Insekten so bald die westliche Küche erobern werden. Der gebürtige Grödner leitet seit über 40 Jahren die Küche im berühmten Oriental Hotel in Bangkok und hat selbst schon Insekten gegessen, seinen internationalen Gästen tischt er sie aber nicht auf.

Kostner zweifelt an der Wirksamkeit der EU-Novel-Food-Verordnung. „Wenn mir jemand einen Teller voller Kakerlaken auftischen würde, so bin ich nicht sicher, ob ich das essen würde. Und das, obwohl ich weiß, dass die Tiere 60 Prozent Proteine enthalten.“ Der Koch ist sicher, dass Insekten irgendwann auch in der westlichen Küche Einzug halten werden, aber noch sei die Zeit nicht reif.

jemand nimmt aus einer Holzschüssel Insekten

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Bitte zugreifen! Allerdings sind Insekten nicht nach jedermanns Geschmack

Derzeit rufen Insekten am Teller bei vielen Europäern Ekel hervor, das betont auch der deutsche Lebensmittelexperte Otto Geisel. „Man muss akzeptieren, dass es Leute gibt, die das nicht essen wollen, weil es nicht zu ihrem Kulturkreis und ihren Gewohnheiten passt.“

„Lebensmittel besser verteilen“

Die EU-Kommission hat die Zulassung von Insekten mit der positiver Umweltbilanz begründet, die Insekten im Vergleich zu industriellen Schweine- oder Rindermasten haben. Lebensmittelexperte Geisel zweifelt an den Brüsseler Ambitionen die Welt zu retten und spricht von einem Sturm im Wasserglas. „Wir produzieren bereits heute genügend Lebensmittel für 15 Milliarden Menschen. Das Problem ist die weltweite Verteilung, und dass viel zu viele Lebensmittel weggeworfen werden. Hier anzusetzen wäre der richtige Ansatz, anstatt auf Insekten zu setzen.“

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Wenn im Essen der Wurm drin ist

Auch in Europa sollen Insekten das Speisenangebot erweitern. Wer könnte bei diesen Delikatessen widerstehen?!

Sterzinger Koch will Käfer auftischen

In Asien, wo der Koch Burkhard Bacher sein Rüstzeug geholt hat, gehören Insekten selbstverständlich auf die Speisekarte. In Sterzing betreibt Bacher ein Restaurant mit euro-asiatische Cross-Over-Küche und liebäugelt jetzt mit den exotischen Krabbeltieren: „Ich werde einer der ersten sein, die Insekten anbieten.“ Er begründet das auch mit der Qualität und Naturbelassenheit der Tierchen. „Zum Beispiel die Käfer, die in Asien in den Reisfeldern leben. Das ist etwas Feines: die bekommen nur Blätter und Wasser und etwas Reis, sonst nichts“, erklärt der Koch.

Weltweit gibt es 1.900 essbare Insekten-Arten. Einige davon werden auch in Europa explizit für den Verzehr gezüchtet. Die Wüstenheuschrecke erzielt einen Verkaufspreis von 300 Euro pro Kilo. Bei aller Euphorie über den hohen Nährwert und die gute Öko-Bilanz der Insekten bleibt die Frage der Akzeptanz aber offen.