Streit unterm Weihnachtsbaum vermeiden

Keine andere Zeit im Jahr birgt mehr Konflikpotenzial als die Weihnachszeit. Südtirols Psychologen haben Erklärungen dafür, warum wir gerade zu Weihnachten aneinandergeraten und geben Tipps, wie wir das vermeiden können.

„Schatz, der Baum steht schief!“ „Wieso muss ich jedes Jahr aufs neue die Christbaumspitze suchen?“ „Meinst du, deine Mutter reißt sich diesmal zusammen?“ Solche oder ähnlich Sätze kommen zu Weihnachten in vielen Familien vor. Heiligabend ist ein Tag, der in vollkommener Harmonie im Kreise der Familie gefeiert werden möchte. Statt Freude und Besinnlichkeit gibt es aber in vielen Familien Stress und Knatsch. Das fängt mit Kleinigkeiten an und endet manches Mal sogar im großen Rundumschlag. Gerade weil es an diesem Abend auf keinen Fall passieren soll.

Beratungsstellen richten zu Weihnachten eigens Notrufdienste ein und die Polizei verzeichnet an den Festtagen mehr Fälle von häuslicher Gewalt als sonst.

Ungewohnte Nähe

Weihnachten ist ein Familienfest und genau das ist die Ursache vieler Konflikte: So eng und so lang wie zu Weihnachten ist die Familie selten zusammen. „Da treffen häufig Menschen aufeinander, die sich sonst das ganze Jahr über nicht sehen. Es braucht einige Zeit der Gewöhnung“, erklärt die Psychologin Evi Pinggera von der Familienberatung Meran.

Psychologin Evi Pinggera

ORF

Psychologin Evi Pinggera rät, Erwartungen zu überdenken und die der anderen zu erfragen

Wenn sich alle in einem Haus oder in einer Wohnung treffen, kann es eng werden, sowohl räumlich als auch emotional. Man verbringt mehr Zeit miteinander als sonst, Erinnerungen kommen auf, auch schlechte. Alte Wunden können zu Tage treten, neue entstehen. Die geballte Ladung Familie ist eine ungewohnte und konfliktträchtige Situation für alle Beteiligten. Ein spezieller Fall sind Patchworkfamilien: Partner sind plötzlich Stiefeltern und Einzelkinder haben von einem auf den anderen Tag Geschwister.

Perfektion loslassen

Weihnachtsstress ist oft selbst gemacht. Überzogene Ansprüche an sich selbst und Erwartungen an andere bauen Spannungen auf. „Zu Weihnachten gibt es viele Kindheitserinnerungen und häufig den Wunsch nach einer perfekten Familie. Aber nichts im Leben ist perfekt“, so Pinggera. Wichtig sei es, Erwartungen runterzuschrauben und Kompromisse zu finden.

Thema Weihnachten vorher besprechen

Eine Möglichkeit, die Zeit vor dem Jahreswechsel entspannter zu gestalten und zu entschleunigen ist, Weihnachten früher zu beginnen. Das Thema Weihnachten sollte in der Familie besprochen und geplant werden. „Das ist besonders wichtig, wenn Extreme aufeinandertreffen, also Weihnachtsmuffel und Weihnachtsfan. Man sollte sich aussprechen und erklären was man erwartet“, sagt Pinggera. Dabei ist es wichtig, dass jedes Familienmitglied seine Vorstellungen von Weihnachten offen und ohne Kritik äußern kann. Absprachen, etwa wer wen an welchen Tagen besucht, vermeiden Terminkollisionen, Missverständnisse und Enttäuschungen. Generell gilt, dass Zeit und Zuwendung wichtiger als Geschenke sind. So klappt es dann auch mit dem heiligen Abend.

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