Gerhard Berger: „Viel falsch gemacht“

Vor 20 Jahren hat Gerhard Berger seine Formel-1-Karriere beendet. Er ist der bisher letzte österreichische Grand-Prix-Sieger. „Eigentlich habe ich in meiner Karriere viel falsch gemacht“, gestand der Ex-Rennfahrer zum Jubiläum.

In seinen knapp über 13 Formel-1-Jahren war der Tiroler fast ständig auf Tuchfühlung mit der Weltspitze, feierte zwischen 1984 und 1997 in 210 Grand-Prix-Rennen zehn Siege für Benetton, Ferrari und McLaren und verdiente Millionen. Zudem betrieb Berger den Rennsport in einer Ära, in der die Autos noch abenteuerliche PS-Bomben waren und mit Ayrton Senna, Michael Schumacher oder Alain Prost wahre Legenden hinter den Lenkrädern saßen. Selbst mit Niki Lauda überschnitt er sich noch.

Abschied aus Formel 1 fiel nicht sonderlich schwer

Am Beginn seiner Karriere brach er sich bei einem privaten Autounfall einen Nackenwirbel. Den heftigsten Crash in der Formel 1 überlebte Berger 1989 im Imola, weil ihn Streckenposten aus dem lichterloh brennenden Ferrari retteten. Fünf Jahre später kamen auf dieser Strecke Landsmann Roland Ratzenberger und sein Ex-Teamkollege Senna zu Tode.

Denkwürdig war auch Bergers Abschied. Im Jahr 1997 kam zunächst sein Vater Johann bei einem Flugzeugabsturz ums Leben, ein aufgewühlter Berger gewann danach in Hockenheim sensationell noch einmal im Benetton.

Gerhard Berger mit Michael Schumacher

dpa/Oliver Multhaup/tm

Gerhard Berger jubelt über seinen Sieg vor Michael Schumacher am Hockenheimring im Juli 1997

Am 26. Oktober verpasste er in Südspanien als Vierter den Sieg um nur 1,9 Sekunden und das Podium um 17 Hundertstel. Es war jenes Rennen, in dem gleich drei Piloten im Qualifying auf die Tausendstelsekunde gleich schnell waren und bei dem Jacques Villeneuve trotz des - missglückten - Rammstoßes von Michael Schumacher als erster Kanadier Weltmeister geworden war. „Ich weiß noch, dass mich Eddie Irvine ewig lange aufgehalten hat und dass mir danach der Abschied nicht sonderlich schwer gefallen ist“, erinnert sich Berger.

“Zu sehr mit Schulterklopfern umgeben“

Dass das „schlampige Genie“ Berger trotz der vielen Jahre in Spitzenautos über zwei dritte Plätze in der Fahrer-WM nicht hinausgekommen ist, lag wohl an den nun selbst angesprochenen Fehlern. „Meine Aufstiegsjahre waren richtig“, blickt der Unterländer zurück.

„Aber in der Formel 1 habe ich mich dann zu sehr mit Schulterklopfern umgeben und den Kontakt zu einem Helmut Marko verloren. Er war der beste Mann. Er hatte den Killerinstinkt, die Härte und den Weitblick. Dinge, die ich im Lauf der Zeit etwas verloren habe“, gestand Berger, dass er als „Lebemann“ den Le-Mans-Sieger und heutigen Red-Bull-Berater dringend an seiner Seite gebraucht hätte. „Einen, der dir den ganzen Tag sagt, was nicht gut gelaufen ist. Was funktioniert, weißt du eh selbst.“

Enzo Ferrarri übergibt Gerhard Berger den Fahrervertrag

APA/Sport News/RS

Enzo Ferrarri übergibt Gerhard Berger (rechts) und Michele Alboreto den Fahrervertrag für die Saison 1987

“Zu sehr auf Talent verlassen“

Zudem habe er sich bis zu seinem Imola-Unfall zu sehr auf sein Talent verlassen, gesteht Berger heute. „Ich habe von meinem Grundspeed so wahnsinnig profitiert, dass ich mich woanders nicht mehr bemühen musste. Hätte ich das erkannt, hätte ich mich selbst mit einem Senna messen können“, gibt sich der 58-Jährige heute einsichtig. „Ich hätte verstehen müssen, dass es neben den Alboretos und Mansells auch noch die Sennas, Hamiltons und Schumachers gibt. Zu deren Erfolgsbündel gehören Fleiß, Ehrgeiz, Commitment und Grundspeed. Außer dem Grundspeed kannst du alles beeinflussen, aber das habe ich nicht getan.“

Gerhard Berger im Benetton

APA/Georges Schneider/GS

Gerhard Berger im Benetton-Renault am Hungaroring 1997

Mit Alter Erfahrung gewonnen

Heute würde ihm das als Unternehmer nicht mehr passieren, so Berger. „Ich habe mit dem Alter halt doch auch Erfahrung dazu gewonnen“, gestand er grinsend. Nach der Karriere war er BMW-Sportchef und danach Mitbesitzer des Toro-Rosso-Teams, als Sebastian Vettel 2008 dort sein erstes WM-Rennen gewann. An seine aktuellen Aufgaben als DTM-Sportchef gehe er „mit voller Hingabe und Ehrgeiz“ heran.

Aktuell zu wenige konkurrenzfähige Autos

Die aktuelle Formel 1 gefalle ihm nur bedingt. „Zu wenig auf den Punkt. Den ganzen Klimbim brauche ich nicht“, lautet sein Urteil etwa über das „Vorspiel“ zum aktuellen Grand Prix der USA in Austin. Sportlich sehe er, dass die Formel 1 total berechenbar geworden sei. „Es gibt zu wenig konkurrenzfähige Autos. Es ist klar, wer gewinnt. Schlimmstenfalls halt ein Ferrari, Red Bull ist fast schon ein Außenseiter.“

Die Königsklasse sei heutzutage technisch sehr differenziert. „Die Teams, die sich das leisten können, sind vorne. Es ist alles viel zu berechenbar.“

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Gerhard Berger

Vor knapp zwei Monaten war Gerhard Berger in der Serie „Tiroler Leut“ zu Gast in „Tirol heute“. Er lebe nach vielen Jahren Monaco nun wieder gern in Tirol.

Auch ohne Weltmeistertitel der glücklichste Mensch

Wer dem Tod zumindest einmal von der Schaufel gesprungen ist, genießt das Leben umso mehr. So auch Berger. „Natürlich wäre man gerne ein Serien-Weltmeister. Aber ich bin auch so der glücklichste Mensch. Ich habe gemacht, was ich am liebsten wollte, bekomme heute noch Anerkennung und habe gutes Geld verdient“, bilanziert er.

Lebt wieder in Söll

In knapp zwei Jahren wird Berger 60 Jahre alt. Schluss mit beruflichen Aktivitäten wird für den mittlerweile fünffachen Vater aber auch dann noch nicht sein. Im Gegenteil, ist er doch gerade erst als DTM-Chef in den Motorsport zurückgekehrt, Neffe Lucas Auer feierte dort schöne Erfolge. Berger hat nach seiner Scheidung, die er als die einzige wirkliche Schattenseite in seinem Leben bezeichnet, Monaco hinter sich gelassen und lebt nun mit seiner neuen Familie wieder in Söll direkt an der Skipiste. „Hier bin ich total glücklich“, so Berger.