„Pygmalion“ im kurzweiligen Miniaturen-Reigen

Ein Potpourri aus Werken von Clérambault, Jean-Féry Rebel und Jean-Philippe Rameau hat die Besucher der Festwochen der Alten Musik im Tiroler Landestheater am Sonntag erfreut. Die Besucher dankten mit langem Applaus.

Angekündigt war die Ballett-Oper „Pygmalion“ von Jean-Philippe Rameau. Geboten wurde nach Einschätzung der Austria Presse Agentur (APA) ein herrliches Potpourri aus Werken von Clérambault, Rebel und Rameau. Das Publikum im Tiroler Landestheater reagierte am Sonntag wohlwollend, aber nicht restlos euphorisch.

So recht erschloss sich das Konzept des Abends unter der musikalischen Leitung von Christophe Rousset und der Regie von Natalie van Parys anfangs nicht. Am Programm stand eigentlich „Pygmalion“. Aber eben nicht nur. Diese wurde nämlich gar erst nach einer kurzen Pause auf die Bühne gebracht. Zuvor durfte man sich mit einer Ouvertüre von Jean-Philippe Rameau vergnügen, die „La Muse de l ́Opéra“ bestaunen und dabei die Musik aus der Feder von Louis-Nicolas Clérambault genießen. Und auch ein Tanzstück aus dem Hause Jean-Féry Rebel darf nicht unerwähnt bleiben. Nach knapp 30 Minuten war der schillernde Spuk vorbei und schon stand die Pause an.

Pygmalion

Alte Musik/Rupert Larl

Musikalischen Leitung von Christophe Rousset

Natalie van Parys, nicht nur Regisseurin sondern auch Choreografin des Abends, hatte sich dabei natürlich etwas gedacht. Es handelte sich nicht um eine beliebige Abfolge. Zuerst ließ man „nur“ musizieren. Das Barockensemble Les Talens Lyriques spielte unter Roussets Dirigat herrlich transparent, schlank-präzise und dabei überaus feurig. Die Ouvertüre aus „Les fêtes d’Hébé ou Les talens lyriques“ von Rameau war ein fabelhafter Einstieg in den Abend.

Damit war der Weg für die „Muse der Oper“ geebnet, die auf ihrem prunkvollen Thron gesanglich alles gab. Chantal Santon-Jeffery war die perfekte Besetzung für diese Rolle. Sowohl Charisma als auch Stimme ließen sie diese für den Abend entscheidende Rolle ausfüllen. Entscheidend deshalb, weil mit „La Muse de l ́Opera ou Les Caractéres lyriques“ von Clérambault das ästhetische Konzept des Abends etabliert wurde. Die „Muse“ schöpfte aus dem Vollen. Das kurze Stück geriet zur Leistungsschau. Fluten und Stürme wurden entfesselt, musikalisch eröffnete und zeigte die Komposition Möglichkeitsräume. Zu Ende führte man Ideen und Möglichkeiten jedoch nicht. Es sind schillernde Skizzen dessen, was noch möglich wäre.

Pygmalion

Alte Musik/Rupert Larl

Pures Ballett

Mit Rebels „Les Caractéres de la Danse“ verzichtete man gänzlich auf Narrative und Handlung. Es war pures Ballett, pure Form. Die Form selbst war das Thema. Anfangs tanzte die Tanz-Compagnie Les Cavatines noch streng nach der choreografischen Struktur des Barock. Im Verlauf des Tanzes etabliert Rebel jedoch freiere Formen und andere Strukturen. Auch hier handelt es sich also um einen Grundriss von dem, was andere Komponisten und Choreografen noch vertiefen und ausführen könnten.

Pygmalion

Alte Musik/Rupert Larl

Bühne erstrahlt bei „Pygmalion“ in vollem Glanz

Nach der Pause stand das Herzstück des Abends am Programm. „Pygmalion“ von Jean-Philippe Rameau. Nach den bis dahin eher fragmentarisch, unfertig wirkenden Bühnenbildern erstrahlte die Bühne endlich in vollem Glanz. Pygmalion, fantastisch gesungen von Anders J. Dahlin, und die „La Statue“ waren in einem prächtigen Garten in einem Pavillon zu sehen. Letztere, bekanntlich geschaffen von Pygmalion höchstpersönlich, erwachte zum Leben. Da war auch die Liebe nicht fern. Verstärkt wurden Sänger und Tänzer durch den Tiroler Chor NovoCanto.

Pygmalion

Alte Musik/Rupert Larl

Sänger verstärkt durch Tiroler Chor NovoCanto

Es war das kompletteste Stück des Abends. Doch auch hier regierte die relative Kürze. Keine Stunde benötigte Rameau, um die Geschichte vom Sehnen und Verlieben zu erzählen. Zum Schluss wurde herzerweichend lebenslustig getanzt und Tanz und Liebe gefeiert.

Womöglich war das Publikum ein wenig überrascht und überrumpelt von dem würzig-kurzen Abend. Unter Umständen hätte sich der eine oder andere gerne noch tiefer und ausführlicher auf die jeweiligen Erzähl-, Musik- und Tanzwelten eingelassen. Der abschließende Applaus war wohlwollend. Trotz einzelner Bravo-Rufen blieb die große Euphorie aber aus. Was bleibt, ist jedoch ein konzeptionell und musikalisch absolut überzeugender Abend, der am Montag wiederholt wird.

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