Himmel versteckt im Kirschenschnaps

Die Tiroler Volksschauspiele Telfs sind Samstagabend mit der Premiere von „Der Brandner Kaspar und das ewig’ Leben“ eröffnet worden. Regisseur Markus Völlenklee verlegte dazu das Stück von Bayern nach Tirol. Das Publikum dankte mit Standing Ovations.

Bereits im Vorfeld hatte Markus Völlenklee, der auch Obmann der Volksschauspiele ist, angekündigt, dass er den „bayerischen Himmel nach Tirol“ verlegen wolle. Dafür nahm er alle Zügel selbst in die Hand. Er führte nicht nur Regie, sondern spielte auch die Rolle des Todes, alias „Boandlkramer“.

Kirschenschnaps und Kartentricks

Der Inhalt des Stückes ist rasch erzählt. Der Tod soll den Brandner Kaspar holen. Das misslingt gründlich. Der für ihn vorgesehene Schuss trifft ihn nicht und freiwillig mitgehen mag der gute Herr Brandner danach erst recht nicht. Mithilfe von Kirschenschnaps und Kartentricks überlistet der bauernschlaue Brandner Kaspar den „Boandlkramer“ und schlägt 18 Jahre mehr als vorgesehen für sich heraus. Das wiederum heißt, dass seine Enkelin Marei diese 18 Jahre einbüßt, damit wieder alles ins Gleichgewicht kommt.

Der Brandner Kaspar und das ewig` Leben

Bernd Schranz

Der heilige Petrus ist erst ob dieser Gesamtsituation ganz und gar nicht amüsiert. Bei den höchsten „Chefitäten“ im Himmel sorgt es aber so sehr für Erheiterung, dass der Brandner Kaspar den Tod übers Ohr gehauen hat, dass sich doch noch alles hin zum Guten wendet.

Ein Haufen Tücken und Probleme in Tirol

So weit, so einfach und so unterhaltsam. Der sprichwörtliche Teufel steckt aber im Detail - und der Tiroler Himmel und die Tiroler Erde sind voller Tücken und Problemen. Hier wie da sind es die „Piefke“, die den Tirolerinnen und Tirolern das Leben schwer machen. Auf der Erde wollen sie aufgrund der hohen Jagdpacht alle möglichen Extrawürste, im Himmel spionieren sie und wollen den Tiroler Himmel nachahmen.

Die Umsetzung und Inszenierung dieser Motive im Zirkuszelt am Thöni Festplatz in Telfs gelang nach Einschätzung der Austria Presseagentur (APA). Nicht zuletzt deshalb, weil dem Stück nicht nur an der reinen Pflege des Volkstheater-Erbes gelegen war. Neben den üblichen, aber überspitzten und damit leicht ironisierten Tirol-Klischees wie dem eifrigen Schnapstrinken, dem hinterlistigen Kartenspielen und dem Gstanzl-Singen, leistete man sich auch ein zeitgemäßes Sounddesign von Wolfgang Fadi Dorninger. Es verlieh sowohl Erde als auch Himmel einen hyperrealistischen und leicht surrealen Touch. Das Festzelt selbst, mit vielen Sternen am Zelt-Firmament und haufenweise aufgeschütteter Erde am Boden, ließ die Zuschauer schon von Beginn an zwischen Himmel und Erde schwanken.

Der Brandner Kaspar und das ewig` Leben

Bernd Schranz

Die durchwegs souveränen Schauspieler des Abends hatten vor diesem Hintergrund leichtes Spiel. Sowohl Alfred Kleinheinz als Brandner Kaspar als auch Markus Völlenklee als durchaus gewiefter, wenig trinkfester und etwas tollpatschiger Tod, wussten zu überzeugen. Auch die Rolle der unschuldigen und bescheidenen Marei nahm man Daniela Bjelobradic in jeder Sekunde ab. Für lautes Gelächter sorgte außerdem der mit blonder Perücke und ganz viel Witz und Tollerei von Josef Holzknecht auf die Bühne gebrachte Erzengel Michael.

Das Dorf in Tirol ist das Paradies

Das Fazit des Stückes führte zu allseitiger Erheiterung. Brandner Kaspar, der beim zweiten Todes-Anlauf doch noch überzeugt werden konnte zumindest einen Blick ins Paradies zu werfen, merkte, dass das Paradies genau wie sein Dorf aussah. Das Dorf, das irgendwo in Tirol liegen mag, ist also das Paradies. Wir sind nur zu dumm, um das zu erkennen. Der Kirschenschnaps ist aber zumindest schon mal ein kleiner Vorgeschmack auf das Paradies. Doch was wären der Himmel und das Paradies wiederum ohne diesen Kirschengeist? Zum Schluss des Stücks fragte der Brandner Kaspar, von den Vorzügen des Jenseits an sich endlich überzeugt, ob der „Boandlkramer“ nicht noch schnell den auf Erden vergessenen Schnaps holen könne. Selbstverständlich hat dieser ebendiesen aber bereits dabei und himmlische und makellose Zustände können sich nunmehr voll und ganz einstellen.

Der Brandner Kaspar und das ewig` Leben

Bernd Schranz

Tosender Applaus des Premierenpublikums

Das Premierenpublikum belohnte unter anderem wohl dieses Fazit mit tosendem Applaus. Von Müdigkeit ob des etwas lang geratenen Stücks fehlte jede Spur. Gar um Stehapplaus waren die anwesenden Gäste nicht verlegen. Die „Operation“ war also gelungen. Der Patient „Tiroler Himmel“ erfreute sich bester Gesundheit. Die Übertragung der bayerischen Ursprungserzählung um den Brandner Kaspar nach Tirol hatte bestens funktioniert. Ganz so, als ob sowohl die nicht immer so himmlische Welt, als auch das oftmals sehr fehlbare und menschliche Paradies schon immer fest in Tiroler Hand gewesen wären.

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