Gehörlose brauchen mehr Dolmetscher
Seit zwei Jahren gibt es ein fertig ausgearbeitetes Studium zum Gebärdensprachdolmetscher an der Fachhochschule für Gesundheit in Innsbruck. Bisher fehlt aber die Finanzierung.
„Die Alltagssituation für gehörlose Menschen ist in Tirol aufgrund des Dolmetschermangels seit Jahren mit vielen Barrieren belegt“, schilderte Monika Mück-Egg, Leiterin des Tiroler Landesverbands der Gehörlosenvereine (TLVG) am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Arztbesuche, Diagnosebesprechungen und Operationseinwilligungen aber auch Behördengänge und Ausbildungen können ohne Dolmetscher kaum bewältigt werden. Rund ein Viertel aller Anfragen, die an die Dolmetscherzentrale in Innsbruck gehen, müsse wegen des Personalmangels abgesagt werden. Die Dunkelziffer, bestehend aus direkten Anfragen an Dolmetscher, sei noch deutlich höher.
TLVG
Soziale Integration unmöglich
Derzeit sei es in Tirol nicht möglich, dass mehrere gehörlose Menschen zeitgleich eine Ausbildung machen können. Im schlimmsten Fall müssen betroffene Personen einige Jahre warten, bis Dolmetscher wieder zur Verfügung stehen würden. Kommunikation im Alltag und somit eine vollwertige Teilnahme an der hörenden Gesellschaft sei unmöglich. Das liege vor allem daran, dass es in Österreich nur in Wien, Linz und an der Universität Graz Ausbildungsmöglichkeiten zum Gebärdensprachdolmetscher gäbe. Interessierte gehen zum Studieren in den Osten Österreichs und bleiben nach der Ausbildung oft dort.
Finanzierung des Studiengangs zweimal abgewiesen
Um dem Mangel entgegen zu wirken hat sich an der fh Gesundheit in Innsbruck bereits 2015 ein Entwicklungsteam formiert, um einen Bachelorstudiengang „Gebärdensprachdolmetschen“ zu installieren. Bedarfsstudie, Lehrplan, Unterrichtende und eine Warteliste mit potentiellen Bewerbungen gibt es seither. Die Finanzierung wurde allerdings vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft zweimal abgewiesen.
In Tirol, Südtirol und Trient gibt es seit 2014 einen Drei-Länder-Beschluss, in dem eine solche Ausbildung in Tirol gefordert wird. Bei der Frage nach der Finanzierung verweist das Land Tirol allerdings an den Bund. Dieser sei grundsätzlich für die Finanzierung von Fachhochschulausbildungen zuständig. Der Bund habe erst kürzlich 100 Millionen Euro zusätzlich zur Stärkung der Ausbildungen an Fachhochschulen angekündigt. Laut Land sei nun zu prüfen, ob diese Mittel auch für eine Ausbildung zum Gebärdensprachdolmetscher in Frage kommen. Eine Herangehensweise, die die SPÖ Tirol scharf kritisiert. In einer Aussendung vom Donnerstag fordert die Partei die Landesregierung auf, den Beschluss aus 2014 umzusetzen und für eine Gleichstellung von Gehörlosen in Tirol zu sorgen.