Parlament erinnert an Tiroler Deserteure

Ein Film- und Diskussionsabend hat Montagabend im Parlament in Wien an das Schicksal von Tiroler und Südtiroler Wehrmachtsdeserteuren erinnert. Dabei wurde ihr Beitrag zur Befreiung von den Nazis gewürdigt.

Deserteure und Kriegsdienstverweigerer spielten in Nord- und Südtirol eine zentrale Rolle im Kampf gegen die Wehrmacht und SS. Der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf (ÖVP) erinnerte an den langen Weg bis zur vollen gesetzlichen Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure im Jahr 2009. Während des Krieges seien die Deserteure als Verräter verfolgt worden, aber auch nach dem Krieg habe man sie oft gesellschaftlich geächtet. Die Veranstaltung am Montag sah Kopf als Beitrag, Licht in ein Thema zu bringen, das jahrelang aus der zeitgeschichtlichen Wahrnehmung ausgeblendet war.

Tiroler Deserteure im Zweiten Weltkrieg

Südtiroler Männer und Frauen im Widerstand gegen Krieg und Nationalsozialismus. Ein Film von Bert Breit.

Filme zeigten Schicksale aus Nord- und Südtirol

Eine ORF-Dokumentation von Bert Breit aus dem Jahr 1995 unter dem Titel „Wir waren nicht bereit mitzumachen“ beleuchtete die Geschichte der Deserteure in Südtirol, während „Verfemt – Die Deserteure im Vomperloch“ von Georg Laich aus dem Jahr 2015 den Blick auf Nordtirol richtet, wo eine Gruppe von Deserteuren in einem entlegenen Seitental unweit von Innsbruck zwei Winter ausharrte. Beide Filme erzählen vom schwierigen Überleben, aber auch von Verfolgung und Tod und sparen dabei auch den widersprüchlichen Umgang mit dem Thema in der Zeit nach dem Krieg nicht aus.

Österreich-Bild: Verfemt - Die Deserteure vom Vomper Loch

Eine Gruppe von Deserteuren harrten in einem entlegenen Seitental unweit von Innsbruck zwei Winter aus - Ein Film von Georg Laich.

Deserteure als Teil der Geschichte

Es sei lange geschwiegen worden, bestätigte auch der Obmann des Südtirol-Unterausschusses, ÖVP-Abgeordneter Hermann Gahr. Die Geschichte der Wehrmachtsdeserteure sei ein sensibles Thema, das in einem gewissen Maß spaltet. Die beiden Dokumentationen bieten nicht nur eine Chance für die historische Aufarbeitung, sie zeigen auch, „dass es ein gemeinsames Tirol mit einer gemeinsamen Geschichte gibt“, betonte der Tiroler Abgeordnete.

Veranstaltung Parlament Deserteure

Parlamentsdirektion / Johannes Zinner

Diskussion über Deserteure: Hubert Innerebner, Moderator Georg Laich, Historikerin Martha Verdorfer, Historiker Peter Pirker, Museumsleiter Absam Matthias Breit

Diskussion mit Historikern und Angehörigen

In einem Podiumsgespräch, das Georg Laich vom ORF Tirol moderierte, erinnerte die Historikerin Martha Verhofer aus Bozen an die Unterstützung der Deserteure durch die Frauen, die selbst oft Opfer von Sippenhaft wurden. Hubert Innerebner berichtete von positiven Reaktionen auf sein öffentliches Bekenntnis zu seinem Vater, einem Deserteur aus dem Vomperloch, meinte aber, man habe dieses „lästige Thema“ in der Nachkriegszeit lange nicht aufgearbeitet. Das gesellschaftliche Umfeld habe sich mittlerweile geändert, es sei einiges in Bewegung geraten, konstatierte der Wiener Historiker Peter Pirker unter Hinweis auf das Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetz.

Hier knüpfte auch Matthias Breit an, der in Absam ein Museum mit einer der Geschichte der Deserteure gewidmeten Abteilung leitet. Er appellierte in diesem Zusammenhang mit Nachdruck an das Parlament, ein Zeichen der Erinnerung für den ehemaligen Deserteur Franz Weber zu setzen, der nach dem Krieg als Nationalratsabgeordneter und Mitglied des Bundesrats im Hohen Haus tätig war.

Veranstaltung Parlament Deserteure

Parlamentsdirektion / Johannes Zinner

Interessierte Zuhörer: 2. Nationalratspräsident Karlheinz Kopf (ÖVP), Bundesratspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann (ÖVP), Nationalratspräsident a.D. Andreas Khol (ÖVP), Landesdirektor ORF Tirol Helmut Krieghofer

Es sind ca. 140 Zuhörer und Zuhörerinnen zu der Veranstaltung ins Parlament gekommen. Anwesend waren unter anderem auch die Tiroler Nationalratsabgeordneten Max Unterrainer (SPÖ) und Georg Willi (Grüne).