Alkoholismus: Wenn aus Genuss Sucht wird

Alkoholismus ist eine Sucht, die sich eingeschlichen hat, wenn man täglich und zu mehreren Tageszeiten Alkohol trinkt. Betroffene wollen ihre Sucht meist nicht wahrhaben. In der Dialogwoche Alkohol sollen deshalb Betroffene und ihr Umfeld sensibilisiert werden.

Der Weg vom Alkohol als Genussmittel zum Suchtmittel ist ein schleichender. Wenn aus dem gelegentlichen Glas am Abend mehrere tägliche Gläser bis hin zu Flaschen zu unterschiedlichen Tageszeiten werden, dann ist die Grenze eindeutig überschritten.

Die WHO hat eine sogenannte Harmlosigkeitsgrenze bestimmt: Diese liegt bei Männern bei einem großen Bier oder einem Viertel Wein täglich, bei Frauen etwa bei der Hälfte. Liegt man unter dieser Grenze, sei die Wahrscheinlichkeit gering, dass man ein Alkoholproblem bekommt, so Gerhard Gollner von der Suchtpräventionsstelle kontakt & co. Im Rahmen der gerade laufenden Dialogwoche Alkohol wird im Internet ein Selbsttest angeboten.

Alkohol als Schmiermittel für Kommunikation

Auch wenn Betroffene aus allen Alters- und Gesellschaftsschichten kommen, gibt es doch auch einige Branchen, mit erhöhtem Risiko für Alkoholismus, wie etwa die Gastronomie. Leichter verleitet würden auch Menschen in Berufen im Verwaltungsbereich, die allein im Büro sitzen und bei denen das Trinken relativ unauffällig stattfinden kann. Betroffene wären aber auch in jenen Branchen zu finden, in denen Alkohol zur Anbahnung von Geschäften wichtig ist - sozusagen als Schmiermittel für die Kommunikation.

Weinglas

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Verhandlungen und Gespräche werden oft mit Alkohol angebahnt

Betroffene zimmern sich ihr Umfeld zu Recht

Betroffene bemerken meist nicht, dass sie in die Sucht abgerutscht sind, bzw. wollen es schlicht nicht wahrhaben. Meist unbewusst begeben sie sich dann in Situationen, in denen ihr Trinkverhalten immer noch als normal und unproblematisch erscheint, sagt Gollner. Sie treffen sich in der Mittagspause mit Menschen, die auch Alkohol trinken bzw. begeben sich an Orte, wo Alkohol getrunken wird.

Ansprechen, aber nicht angreifen

Angehörige oder Freunde würden die Problematik zwar meist bemerken, manche würden aber die Konfrontation mit den Betroffenen scheuen. Wichtig sei, dass die Beobachtung nicht als Vorwurf beim Betroffenen ankommt. Zunächst sollte versucht werden, die Tatsachen auf den Tisch zu legen, so Gollner: „Mir fällt auf, dass du in den letzten Wochen jeden Abend zwei oder drei Bier getrunken hast. Warum ist das so?“.

Es helfe auch, wenn man zum Ausdruck bringt, dass einem die Situation Sorgen bereitet: „Ich habe die Befürchtung, dass das auf Dauer zu viel ist“, „Ich wäre beruhigt, wenn du mal mit dem Hausarzt darüber sprechen würdest“. Angehörige könnten auch darüber reden, was man anstelle von Abenden mit Bier vor dem Fernseher machen könnte. Wer es schafft, nicht die Vorwurfskarte zu ziehen, erhöht die Chancen, dass der Betroffene vielleicht darüber nachdenkt.

Hilfe ohne falsche Scheu in Anspruch nehmen

Einigen gelinge es, sich noch am eigenen Schopf aus der Sache zu befreien. Dies sei aber nur mit Unterstützung durch das Umfeld möglich und wenn die Sucht noch nicht zu weit fortgeschritten ist. In den meisten Fällen sei es ohne professionelle Beratung und Hilfe aber nicht möglich, die Sucht zu beenden. Wer bereit ist, sich helfen zu lassen, bekomme tirolweit relativ rasch einen Beratungstermin in den verschiedenen Einrichtungen. Gollner hofft, dass der Umgang mit dem Thema Alkoholsucht bald offener und normaler wird: „Es ist keine Schwäche, sondern ab einem gewissen Punkt eine Erkrankung.“

Die österreichweite Dialogwoche Alkohol findet in zahlreichen Veranstaltungen in Tirol ihren Niederschlag. Unter dem Motto „Wie viel ist zu viel?“ wird bis Freitag informiert und sensibilisiert - mehr dazu in Alkoholkonsum zwischen Lust und Frust.

Natalie Wander; tirol.ORF.at