Staatsakt für Gewaltopfer in Kinderheimen

Am Donnerstag hat im Parlament in Wien ein Festakt für die Opfer des Missbrauchs in Kinderheimen stattgefunden. Auch aus Tirol waren mehrere Betroffene eingeladen. Der Staatsakt soll kein Schlussstrich sein, sondern eine „Geste der Verantwortung“.

Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) und Bundesratspräsident Mario Lindner (SPÖ) haben zu einem Staatsakt in den Historischen Sitzungssaal ins Parlament geladen. Die Reden hielten neben Bures und Lindner Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP), Kardinal Christoph Schönborn und der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) in seiner Funktion als derzeitiger Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz.

Das unfassbare Leid anerkannt

Das offizielle Österreich wolle mit dem Staatsakt zum Ausdruck bringen, dass es das unfassbare Leid von ehemaligen Heimkindern, die in der Zweiten Republik schweres Unrecht erlitten haben, mitsamt seiner lebenslangen Konsequenzen anerkennt und Lehren daraus gezogen hat. Die Republik kommt damit einer langjährigen Forderung der Betroffenen nach.

Die Nationalratspräsidentin und der Bundesratspräsident betonten beide in ihren Reden, dass der Staatsakt keinesfalls einen Schlussstrich unter das geschehene Unrecht ziehen kann und soll. Es gehe vielmehr darum, dass Staat und Kirche gemeinsam das Unrecht benennen, anerkennen und ihre Schuld eingestehen würden. In den Historischen Sitzungssaal, dem würdigsten Ort, den die Republik anzubieten hat, sind auch rund 300 Betroffene gekommen, darunter auch Tirolerinnen und Tiroler.

Gewalt auch in Tirol Teil des Systems

Wie eine Studie zeigte, waren Gewalt, Missbrauch und Demütigung in Landesheimen und in kirchlichen Heimen über Jahrzehnte auch in Tirol an der Tagesordnung. Es war Teil des Systems - mehr dazu in Studie zeigt Systematik bei Missbrauch im Heim.

Seit 2010 haben sich in Tirol 612 Betroffene bei der Opferschutzstelle des Landes gemeldet. 410 von ihnen wurden mit insgesamt 2,4 Millionen Euro entschädigt. Im Durchschnitt hat jedes Opfer knapp 5.900 Euro erhalten. Tirol liegt damit im Österreichvergleich auf dem letzten Platz und hat durchschnittlich die niedrigste Entschädigung bezahlt. Immer noch melden sich Betroffene bei der Opferschutzstelle. Sie trauen sich offenbar erst jetzt von ihren Erlebnissen zu erzählen.

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