WK will „Arbeitsunwillige“ ausforschen
Allein in Kufstein gebe es derzeit 700 offene Stellen. Dem gegenüber stünden 2.000 Arbeitslose, rechnete der Bezirksobmann der Wirtschaftskammer Kufstein Martin Hirner vor: „Mir sagen viele Leute, etwa die Touristiker, sie würden händeringend einen Kellner oder einen Abwäscher brauchen. Wenn 700 offene Stellen da sind und 2.000 arbeitslos sind, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass da nicht einer dabei ist, der eine solche Arbeit auch machen will.“
Dennoch gibt es in Tirol bisher keine Unternehmer, die sich auf die Umfrage der Wirtschaftskammer rückgemeldet hätten, so Hirner: „Die Unternehmer sagen, Gott sei Dank greift jemand das Thema auf. Wenn man dann aber sagt, bitte geht diesen Weg mit uns, dann findet sich halt doch keiner, der sich das antun will. Die Unternehmer haben die Befürchtung, dass sie dann als Vernaderer hingestellt werden.“
AMS Tirol: Falscher Eindruck
Dass sich keiner der als arbeitslos Gemeldeten auf offene Stellen bewerbe, erweckt den falschen Eindruck, meinte der Leiter des Tiroler Arbeitsmarktservice Anton Kern. Unter den offenen Stellen gebe es ständig Wechsel: „Drei Viertel dieser offenen Stellen werden in einem Zeitraum von drei bis vier Wochen besetzt. Dann fällt eine Stelle weg und es kommt wieder eine neue dazu. Man kann also nicht sagen, dass 700 Stellen die ganze Zeit frei sind und von arbeitslosen Menschen nicht angenommen würden.“
Der Aufruf der Wirtschaftskammer sei außerdem nicht notwendig gewesen, meinte AMS-Chef Kern weiter. Unternehmer würden sehr wohl Rückmeldungen geben und zwar direkt an das AMS. Und es gebe auch Konsequenzen. Bis Juli wurde das Arbeitslosengeld heuer etwa rund 4.000 Menschen gestrichen, das sind bereits mehr als im gesamten Jahr 2015. Tage-, wochen- und monatweise gestrichen wird die Unterstützung, wenn Arbeitslose nicht zum Vermittlungsgespräch erscheinen oder z.B. eine Umschulung verweigern.
Kritik auch von Arbeiterkammer und Gewerkschaft
Arbeiterkammer-Präsident Erwin Zangerl hält es für nicht überraschend, dass sich noch kein Unternehmen gemeldet hat. Der Unternehmer-Vorstoß sei verantwortungslos gegenüber Menschen, die schon viel geleistet hätten. Und die Gewerkschaft fordert, dass sich die Wirtschaftskammer bei der Beschäftigung älterer Mitarbeiter engagiert. Der ÖGB hat zudem einen Gegenvorschlag. Er fordert eine Sanktion für jene Unternehmen, die - wenn jemand eine Bewerbung schickt - sich „nicht einmal die Mühe einer Antwort machen“.
Scharfe Forderung der oberösterreichischen WK
Die Umfrage der Wirtschaftskammer wurde nur in Tirol und in Oberösterreich durchgeführt. In Öberösterreich habe es laut Arbeitsmarktservice Oberösterreich drei Rückmeldungen von Unternehmern gegeben. Dort forderte die Wirtschaftkammer sogar, Arbeitsunwilligen das Arbeitslosengeld zu streichen - mehr dazu in Kritik an Ausforschung „Arbeitsunwilliger“. Die Arbeiterkammer Oberösterreich sprach daraufhin wörtlich von einer „Vernaderungskampagne“.