Kritik an „Tanktourismus“ in Tirol

Hunderttausende Transit-Lkws fahren jährlich durch Tirol. Viele von ihnen nehmen einen Umweg in Kauf, um den Billigsprit in Tirol auszunutzen. Das Transitforum Tirol will das nicht länger hinnehmen.

Diskonttankstellen abseits der Autobahn zwischen Kufstein und Innsbruck boomen. Seit Jahren freuen sich die Betreiber dort über hohe Umsätze. Laut Studien des Landes führt der billige Diesel in Kombination mit der niedrigen Brenner-Maut zu einem Umwegtransit von mindestens 30 Prozent. Ein Drittel der zwei Millionen Transit-Lkws fährt also nicht über den Brenner, weil es die kürzeste Strecke ist, sondern weil es die billigste ist.

LKW beim Tanken

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Die Tankstelle bei Wörgl-West ist die lukrativste Tirols und die drittstärkste Dieseltankstelle Europas

Abgekartetes Geschäft

Der starke Zulauf zu den Diskonttankstellen in Tirol ist kein Zufall. Diese haben Verträge mit den Frächtern abgeschlossen, die Lkw-Fahrer dürfen somit nur bei diesen bestimmten Tankstellen tanken. Rund 500 internationale Frächter stünden mit den Diskonttankstellen im Vertrag, so Fritz Gurgiser, Transitforum-Chef. Mit zusätzlichen Rabatten zu dem ohnehin schon billigen Sprit locken sie her. Paradoxerweise stehen einige dieser Tankstellen im Luftsanierungsgebiet.

LKW beim Tanken

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Lkw-Fahrer dürfen nur an bestimmten Tankstellen halten

Einnahmen für Wien, Abgase für Tirol

Für den Finanzminister ist dieser Tanktourismus eine beachtliche Einkommensquelle. Die Hälfte der Einnahmen geht in Form von Mineral- und Umsatzsteuer nach Wien. Laut Angaben des Landes nimmt der Bund jährlich zwei Milliarden Euro allein aus dem zusätzlichen Tanktourismus ein, ein großer Teil davon kommt aus Tirol. Wien bekomme das Geld, Tirol habe den Dreck, die Luftbelastung und die Kosten, wettert Gurgiser. Wenn schon der Bund hier einfach zusehe, müsse das Land Tirol einschreiten, fordert er.

Zufahrtssperre als einzige Lösung

Als einzige Lösungsmöglichkeit sieht Gurgiser eine Zufahrtssperre zu den Diskontern. Das sei aber Sache des Landes, Wirtschaft und Gesundheit müssten hier abgewogen werden, so Gurgiser. Er sieht solche Zufahrtssperren mit Ermittlungsverfahren als rechtlich möglich.

LKW beim Tanken

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Die Lkws sorgen gerade in den Luftsanierungsgebieten für mehr Verkehr und eine höhere Belastung

Umweltlandesrätin Ingrid Felipe sieht Zufahrtssperren als rechtlich problematisch. Sie setzt einerseits künftig auf einen einheitliche Mauttarif für den Alpenkorridor, damit der Brenner nicht so billig bleibt, andererseits auf das Ende des Dieselprivilegs. Nur in fünf Ländern europaweit sei der Diesel noch billiger als in Österreich, so Felipe.

LKW beim Tanken

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Diesel wird in Österreich um 8,5 Cent pro Liter weniger besteuert als Benzin

Ökobilanz verfälscht

Der Tanktourismus belastet auch die Ökobilanz Tirols. Der getankte Diesel und die damit einhergehenden CO2-Emissionen werden automatisch dem Verkaufsort zugeordnet. Er wird also automatisch Tirol zugewiesen, obwohl der Treibstoff hier nicht verfahren wird.