Landeswahlleiter verteidigt Auszählungspraxis

Ein Großteil der Beanstandungen der Bundespräsidentenstichwahl seien formale, keine inhaltlichen Mängel, sagt der Tiroler Landeswahlleiter Christian Ranacher im ORF-Gespräch. In Tirol seien die Regeln zur Auszählung praxisnäher.

Christian Rancher, stellvertretender Landeswahlleiter in Tirol, erläuterte im „Tirol heute“-Gespräch mit Georg Laich, warum Kuverts vorsortiert und geöffnet wurden. Ein Vorteil der Wahlanfechtung sei, dass jetzt über die längst bekannten organisatorischen Auszählungsprobleme diskutiert werden müsse.

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Hintergründe der Auszählungspraxis

Die Beisitzer sind nicht zu wenig geschult, sondern die aktuellen Auszählungsregeln sind praxisfern, sagt Christian Ranacher von der Tiroler Wahlbehörde.

Herr Ranacher, haben Sie die laxen Praktiken bei der Auszählung der Briefwahlstimmen überrascht?

Wir stehen in Kontakt mit den Bezirks-Wahlleitern und man kann heute ein Resümee dahingehend ziehen, dass sich viele der erhobenen Vorwürfe nicht bestätigt haben. Die Bezirkswahlleiter, die mit großem Engagement bei der Sache sind, konnten schon darlegen, dass Vorgänge entgegen der Behauptungen in der Wahlanfechtung sehr wohl korrekt abgelaufen sind.

Aber in den Befragungen kam auch raus, dass in einigen Fällen doch auch schon vor Montag 9.00 Uhr früh Wahlkartenkuverts geöffnet und vorsortiert worden sind?

Ja, man muss unterscheiden zwischen der Vorsortierung, das muss man generell so machen, weil in den Wochen vor der Wahl fast täglich hunderte Wahlkuverts hereinkommen und da muss man unterscheiden, welche sind in die Auszählung miteinzubeziehen oder nicht. Das ließe sich am Tag nach dem Wahltag nicht bewerkstelligen, das dauert viel zu lange. Die Frage ob man Kuverts schon aufmacht oder nicht – dieses Problem hat es nur in einer Bezirkswahlbehörde gegeben. Hier muss man den Hintergrund kennen: Wir beobachten seit Jahren, dass die Briefwähler signifikant mehr werden, aber wir hatten bei dieser Bundespräsidentenwahl die größte Rücklaufquote und um mit den ganzen Auszählungen rechtzeitig fertig zu werden, hat man diese Vorarbeiten vorgezogen. Und darum dreht sich jetzt das Verfahren.

Sind die Wahlbeisitzer insgesamt zu wenig geschult gewesen?

Das glaube ich nicht. Ich denke es ist eher, dass diese Auszählungsvorgänge nach der Briefwahl an einem Werktag stattfinden und die Leute auch ihre beruflichen Verpflichtungen haben. Das ist eines der Probleme, die jetzt evident werden. Hier muss man über Adaptionen nachdenken. In Tirol haben wir das für die Landtagswahl schon gemacht, hier haben wir die Regelung dahingehend geändert, dass für die Auszählung zwei Tage zur Verfügung stehen. Gegenüber dem Bund haben wir das vor allem nach der Nationalratswahl schon mehrfach angeregt. Wir werden diese Vorschläge im vom Innenministerium angekündigten Reformprozess auch noch einmal vorbringen.

Sie haben diese Probleme also schon früher gemeldet – brauchte es erst eine Wahlanfechtung durch eine Partei, damit über eine Reparatur eines Bundesgesetzes erst gesprochen wird?

Ja, das ist vielleicht das Gute an der Anfechtung, dass diese Probleme, die es gibt, transparent werden und dass eine rechtspolitische Debatte in Gang kommt, wie man das verbessern kann. Für Tirol haben wir schon reagiert, da können wir es in einem Landesgesetz ja selbst regeln. Hier sind wir für die nächste Landtagswahl, auch was die Briefwahl betrifft, gut vorbereitet.