Milchbauern stellen Hilfspaket in Frage

Wenig begeistert zeigten sich am Donnerstag Tirols Bauern über die jüngsten politischen Maßnahmen, der Milchkrise zu begegnen. Man brauche keine Hilfspakete, sondern einen adäquaten Milchpreis, hieß es. Die Milchproduktion müsse europaweit reduziert werden.

Die Politik will auch die Tiroler Bauern nicht im Regen stehen lassen. Ein Milchpreis von derzeit nur 27 Cent pro Liter konventioneller Milch ist für so manchen Landwirt existenzbedrohend. Am Dienstag hat die Landesregierung ein Hilfspaket geschnürt. Für das heurige Jahr sollen etwa die Zinsen für einschlägige Kredite übernommen werden - mehr dazu in Hilfe für Tirols Milchbauern.

Geldleistungen verlängern das Problem

Doch anstatt aufzuatmen, sind die Sorgen der Bauern offenbar nicht weniger geworden. Für Johann Neurauter, pensionierter Landwirt aus Karres, sind Geldleistungen nicht der Weisheit letzter Schluss: „Geholfen wird jenen, die Überschüsse verursachen. Und die tausenden kleinen Nebenerwerbsbauern sind die Gestraften. Und die, die schon vorher Subventionen für ihre großen Ställe bekommen haben, denen muss man jetzt noch die Zinsen zahlen und den Kredit stunden. Und was haben alle anderen?“

Neurauter war 45 Jahre lang Milchbauer und Viehzüchter und hat später auf Pferdebetrieb umgestellt. Aus dieser Talsohle komme die Milchwirtschaft nur dann wieder heraus, so sein Befund, wenn weniger produziert werde: „Nur die großen Bauern und die Agrarindustrie wird gefördert. Wenn die tausenden kleinen Bauern, die auch für die Landschaftspflege zuständig sind, vernichtet werden, dann werden alle schön schauen.“

Bezirksbäuerin: „Wollen keine Bittsteller sein“

Auch Monika Mair, stellvertretende Bezirksbäuerin von Innsbruck-Land, sieht in Geldleistungen eine Verlängerung des Leidens und keine Linderung der Situation: „Es bewirkt ja nichts. Wir brauchen einen guten Produktpreis. Uns ist das Arbeiten egal, wir sind wirklich bereit, uns etwas anzutun. Aber es soll einen gerechten Preis dafür geben. Wir wollen keine Bittsteller sein.“

Auch Mair spricht sich für eine Drosselung der Milchmenge aus. Der Überschuss werde nicht konsumiert und zerstöre den Preis. In dasselbe Horn bläst der Direktor des Milchhofs Sterzing Günther Seidner. „Es kann ja nicht sein, dass mehr produziert als konsumiert wird. Die deutsche Regierung will 100 Millionen Euro an die Landwirte zahlen, das sind 1.300 Euro pro landwirtschaftlichen Betrieb. Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein, damit wird das Problem sicher nicht gelöst.“

Seit 2014 liefern rund 200 Tiroler Bauern zum Sterzinger Milchhof. Der Betrieb zahlt je nach Qualität zwischen 40 und 60 Cent pro Liter Milch. Mittlerweile macht der Milchhof 87 Millionen Euro Umsatz im Jahr und beschäftigt 148 Mitarbeiter. Das Unternehmen hat sich auf hochqualitative Joghurts spezialisiert und rangiert damit in Italien auf Platz drei.

Unterschriftenaktion

Die Bauern in Tirol bleiben verzweifelt. Derzeit werden Unterschriften gesammelt, die dem Bundespräsidenten übergeben werden sollen. Das Staatsoberhaupt soll über die prekäre Situation der Tiroler Bauern informiert werden.