OPs fallen wegen Ärztemangel aus

An der Klinik Innsbruck können aufgrund von Ärztemangel bis Jahresende viele Operationen nicht mehr durchgeführt werden. Oppositionsparteien sprechen von einer Bankrott-Erklärung, Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) spielt den Ball an die Klinik weiter.

Zwei Operationssäle sind laut Klinikführung derzeit geschlossen, in zwei weiteren werden keine Vollnarkosen mehr durchgeführt. Laut einem internen Papier sind derzeit fünf OP-Säle geschlossen. Das führt dazu, dass geplante Operationen auf das kommende Jahr verschoben werden müssen. In einzelnen Abteilungen könnten zehn Prozent der Operationen entfallen. Grund dafür ist unter anderem das seit Anfang des Jahres gültige neue Ärztearbeitszeitgesetz - mehr dazu in Ärzte: Land legt Angebot für 2015 vor .

Dienstpläne zeigen Lücken auf

„Wir haben im Durchrechnungszeitraum gesehen, dass die Anästhesie bis Jahresende keine gesetzeskonformen Dienstpläne mehr zusammenbringt. Jetzt müssen sich alle sehr kurzfristig umstellen. Das bringt natürlich große Unruhe“, sagt die ärztliche Direktorin Alexandra Kofler.

Wie viele Patienten von einer Verschiebung ihrer Operation betroffen sind, lässt sich derzeit nicht sagen. Grundsätzlich betroffen seien davon derzeit länger planbare Operationen. Notfälle und Akutpatienten würden weiter so rasch wie möglich operiert, versucht man von Seiten der Klinikführung zu beruhigen.

Kaum Bewerbungen auf offene Stellen

Verschärft wird die Situation auch dadurch, dass zahlreiche Anästhesisten die Klinik verlassen haben und sich kaum Ärzte für die offenen Stellen bewerben. „Der Andrang ist nicht sehr groß“, bestätigt Alexandra Kofler. Die Klinik schreibe offene Stellen auch in Deutschland aus. „Aber Fachärzte kriegt man eigentlich in allen Bereich kaum“, führt die ärztliche Direktorin weiter aus. Mit ein Grund sei eine neue Ärzteausbildungsordnung. „Das macht natürlich auch Unsicherheit bei Jungärzten, die schauen, wo sie eine Stelle kriegen und wie es dort läuft“, so Kofler.

Mehr Kooperation soll Verbesserung bringen

Um das Problem in den Griff zu bekommen verspricht Kofler schon im nächsten Jahr eine andere Art der Planung für Operationen - „nämlich indem chirurgische Fächer zusammen mit der Anästhesie OP-Pläne machen und nicht mehr isoliert voneinander, weil die Ressource Anästhesie eine reduzierte ist“, führt Kofler aus.

Kritik vom Patientenvertreter

Der Ausfall und das Verschieben mehrerer Operationen an der Innsbrucker Klinik hat viele Patienten verunsichert. Betroffene haben sich an Birger Rudisch, den Leiter der Patientenvertretung des Landes Tirol gewandt. Rudisch sagt, es sei unerträglich, dass man mit Diskussion über Arbeitszeiten und Gehälter die Bevölkerung und Patienten verunsichere. Das Land Tirol nehme relativ viel Geld in die Hand „und ich erwarte mir schon, dass dieses Geld schlussendlich beim Patienten und der Patientin ankommt“.

Zwölf-Anästhesie-Stellen nicht besetzt

Der Leiter der Anästhesie an der Klinik, Karl Lindner, schrieb am Dienstag in einer Stellungnahme, derzeit seien zwölf Stellen nicht besetzt. Die Mehrbelastung der anderen Kollegen und Kolleginnen und stockende Gehaltsverhandlungen erklärten auch die mangelnde Attraktivität der Stellen für externe Bewerber. Externe Kollegen hätten ihm aber signalisiert, dass man die Entwicklung der Arbeitszeit- und Lohnverhandlungen abwarte um sich dann auf die fachlich sehr interessante Klinik zu bewerben, so Lindner.

Zum Abgang von Ärzten sagt Lindner, im Jahr 2015 rechne er mit etwa 20 Kollegen und Kolleginnen, die an andere Krankenhäuser wechselten, das liege um etwa sechs bis sieben Stellen über der normalen jährlichen Fluktuation, so Lindner.

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Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sagte im „Tirol heute“-Studio, dass die Politik gute Rahmenbedingungen geschaffen habe. Gefordert sei jetzt eine organisatorische Maßnahme und keine politische.

Platter nimmt Klinik und Uni in die Pflicht

Landeshauptmann Platter sagte am Dienstag, er erwarte sich von der Klinikführung und der Medizinuni, dass die Dienstpläne dort so gestaltet werden, dass es keine Versorgungsengpässe gibt. Es könne nicht sein, dass OP-Termine verschoben werden. Von Seiten des Landes habe man alles zur Verfügung gestellt, um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen. Jetzt liege es an der Klinikführung und der Medizinuni, für ordnungsgemäße Verhältnisse zu sorgen.

Auf die Frage, ob nicht das Land auch eine Teilschuld einbringen müsse, weil man immer wieder Übergangslösungen präsentiert habe, sagte Platter, er weise solche Vorwürfe auf das Schärfste zurück. Man habe in dieser Übergangslösung gerade erst wieder 11,2 Millionen Euro für die „tirol kliniken“ und 3,7 Millionen Euro für die Bezirkskrankenhäuser zur Verfügung gestellt, damit habe das Land seine Aufgaben erfüllt.

SPÖ: Schliessling über Platter-Aussagen verärgert

Die Gesundheitssprecherin der SPÖ, Gabi Schiessling, zeigte sich verärgert über die Aussagen von Landeshauptmann Platter. Es werde nicht reichen, Dienstpläne umzugestalten. Platters Anregungen dazu seien entbehrlich. Das werde nichts helfen, wenn das entsprechende Personal fehlt. Seit 1994 würden die Gesundheitsagenden bei der ÖVP liegen. Sie habe 20 Jahre lang weggeschaut und die Ärztinnen und Ärzte hätten sich nicht gewehrt.

Das neue Arbeitszeitgesetz verschärfe die Situation. Vor allem jüngere Ärztinnen und Ärzte hätten sich für die Übergangsvariante mit kürzeren Arbeitszeiten entschieden. „Es ist deutlich, dass mehr Wert auf eine work-life-balance gelegt wird. Nur mit Geld ist das Problem nicht zu lösen.“

FPÖ und Liste Fritz: Bankrott-Erklärung

Freiheitliche und Liste Fritz sprechen von Bankrott-Erklärung und Misswirtschaft. Seit langem schon habe sich das Personalproblem an der Innsbrucker Klinik abgezeichnet, Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) und das Klinik-Management hätten aber nicht reagiert, kritisierten am Dienstag Freiheitliche und Liste Fritz unisono.

Für die FPÖ ist die Entwicklung eine Bankrotterklärung des Landesrates und der Gesundheitspolitik der Tiroler ÖVP. Ursache für den Ärztemangel sei nicht nur das neue Arbeitszeitengesetz, sie liege auch in Ungerechtigkeiten bei der Entlohnung in Innsbruck. Assistenz-, Turnus- und Fachärzte sowie das nichtärztliche Personal würden bei bestehenden Gehalts-System auf der Strecke bleiben, so FPÖ-Obmann Markus Abwerzger. Er spricht von einem Desaster, über dem Gesundheits-Standort Innsbruck schwebe das Damoklesschwert der medizinischen Unter- oder Minderversorgung.

Ähnlich argumentiert die Liste Fritz. Die Patientenversorgung stehe auf dem Spiel, so Liste-Fritz-Klubobfrau Andrea Haselwanter-Schneider. Seit Monaten würden Ärzte und Pflegepersonal hören, dass es kein Geld gebe für eine angemessene Bezahlung und die Anstellung von ausreichend Personal. Die Tirol Kliniken hätten gleichzeitig aber mehr als 210.000 Euro für ein neues Logo und eine Umbenennung ausgegeben. Die Landesregierung müsse die Patientenversorgung sicherstellen, verlangte die Liste Fritz.